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Letzte Änderung: 11.05.2011

Tag 5 in Italien: Bronco kämpft sich von Prettau nach Sand in Taufers

6. Transalpine
Lauf an 8 Tagen

(03.-11.09.2010 )


-Tag 5-
 


 

 (Bericht+Fotos: Erwin Bittel)


...

"Jeder Tag in den Bergen ist Energie" (Bronco)

Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8   und Bildbericht von Michael

Broncos unaufhaltsamer Aufstieg (Teil V)

 

4 von 8 Tagen sind geschafft. Wenn die Hälfte rum ist kann man das Ende sehen.
Mal sehen... Heute an Tag 5 soll eine kurze Erholungsetappe nach dem langen Tag gestern sein.
Als Erstes erfahren wir, dass es wegen Bergrutsch einige Extra-km und -Höhenmeter gibt. Na prima.


Aufstehen ist schwer, aber irgendwie geht es immer wieder. Ich habe das Gefühl, meine Knie sind entweder dick aufgeblasen und angeschwollen. Oder sie sind gar nicht mehr vorhanden. Ich fülle ich meine Fläschchen mit Tee, fette mich an den nötigen Stellen. Alles dabei? Lippenstift? Ja. Jacke und Handschuhe. Am Start um 7.00 Uhr ist es trocken, obwohl Regen angesagt ist. Und wir haben Wetterglück, kein Tropfen oder Wind heute, bis genau ins Ziel. In Ameisenreihe traben wir den Berg hoch, Überholen geht nicht. An VP 1 nach nur 1 Std gibt daher großes Gedränge. Und weiter geht es so eng, ist aber ein gut trabbarer Pfad. Wir beide sind ohne Probleme gestartet, aufgewacht ohne Muskelschmerzen. Nur eben die Knie... Das viele Bergab. Irgendwie hat Bronco heute einen Hänger, seine Knie wollen nicht richtig. Das geht die ersten 2 Stunden so. Wir werden von einigen Teams überholt, die normalerweise hinter uns sind. Ist gut, sagt Jörg, jeder hat mal so einen Tag.

Der Weg bis zum Anstieg ist nicht anstrengend, der sich steil und ewig windende Minipfad zum Gipfel ist auch recht gut zu gehen. Es ist nicht kalt oben, kein Wind, aber leider auch keine Sicht. Alles in Wolken und Nebel seit dem Start. Die Wolken hängen immer knapp über uns, oder wir sind drinnen, egal wie hoch wir sind. Das gibt vor dem Anstieg ein seltsames Licht, das alles irgendwie in Schwarzweiß erscheinen lässt. Nur die kleinen Läuferfarbtupfen dazwischen.

Mir geht’s gut, meine Gedanken geben Ruhe, eigentlich schlafe ich noch. 2 Stunden vergehen, ich unterhalte mich und die Läufer um mich. Am Gipfel 2.500m ist es nicht kühl. Ich könnte mich setzen für eine Weile, doch es ist zu eng auf dem Grat. Es liegt wenig Schnee. Jörg will schnell weiter, also trabe ich ihm so leichtfüßig wie möglich hinterher. An VP 2 genieße ich neben der kleinen Kirche meine 5 Melonenstücke. Dann beginnt ein steiler Anstieg, die 310 Extrahöhenmeter und 5 Extrakilometer, die wir erhielten, weil ein Erdrutsch unseren Weg verschüttet hatte. Jörg bläst und hat schwere Beine. Wir steigen zäh auf. Eigentlich schöne Wege, nicht nass und schlammig. Aber er hat eben einen Hänger. Oben gehe ich dann an ihm vorbei, voraus für ein paar Minuten Meditation. Irgendwo auf dem leicht zu laufenden Abstieg finde ich einen Fels, der ideal dafür ist. Ein paar süße Bergheidelbeeren und dann 5min Ruhe, 2m über dem Trail und den Köpfen der Läufer, zur Ruhe kommen. Mein Puls legt sich schnell, der Atem folgt, mein Blick verliert sich im Grün, in den undurchsichtigen Wolken. Meine Augen fallen zu, ein leicht warmer Strom durchfließt meinen Körper von oben bis unten. Ich verschmelze in Sekundenschnelle mit dem Fels, mit der Bergluft, der Himmelsnähe in 2.300m Höhe. Mir wird plötzlich fast warm.

Als Jörg vorbeikommt und wie abgemacht mir zuruft dass er an mir vorbei ist, bitte ich noch um ein paar Minuten, ich bleibe. Plötzlich ist die Sonne in meinem Gesicht. Das erste Mal heute. Ich bin aufgeladen und fliege dann förmlich über die großen bemoosten Brocken. Auf einmal rollt es auch bei Jörg wieder, er ist wieder gut drauf, wir plaudern, machen Gaudi und erreichen das eine und andere der bekannten Gesichterpaare. Erstaunlich. Wir hatten schon an einem miesen Tag gedacht, doch es geht wieder. Langsam fressen wir auch wieder Höhenmeter auf und ab im teils federnden Waldboden. Doch Achtung vor den Wurzeln. Die laufen immer quer und sind rutschig. Volle Konzentration auch noch nach 5 Stunden. Wir treffen sie alle wieder, unsere Teams, und 7km vor Schluss selbst auf  Wolfgang und Mathias, unser Team 2. Bergab hat Bronco ein paar km einen richtigen Talflug, wir schweben leichtfüßig in großen Schritten an allen vorbei. Wow, was für ein Tagesende! Letzter Posten 5km vor Schluss, das ist wie gestern, wir halten uns kaum auf, 3 Scheiben Melone, Fläschchen voll Wasser, und ein paar kleine Tomaten zum mitnehmen. Viele sorgen sich um die Zeitlimits, sprechen uns unterwegs drauf an. Sie kümmern uns nicht. Was auch sei. Einige gereizte Kommentare heute, viele Stürze und auch Herausnahmen wegen der Zeitlimits. Ich krabbele vor Übermut und Freude ins Ziel auf allen Vieren und Jörg treibt mich mit seinen Stöcken an.
Bilder Tag 5
(alle Bilder im Großformat gratis hier zu haben)

Feuchtkalter Start in Prettau: Die Nacht war verregnet

Knapp unter der nebligen Decke trabt der Läufer-Lindwurm...

...in die kühlen Wolken...

...und über die Wolken

Km5 Verpflegungsposten 1 (Alprechalm 2.000m) ist in dicker Wolkensuppe

"Ihr schauts ja no guat aus" - Klar, nach erst 5km geht's noch halbwegs

"Luftverkehrs-Chaos": Stau in den Wolken

Nach steilem Anstieg + Extra-km: Zeit für einen Augen-Blick...

...ins Seitental neben uns

Der Anstieg zur Bretterscharte beginnt

Es wird ständig steiler...

...und steiniger: Mit gesenktem Kopf auf jeden Tritt blicken...

...bis zum Gipfel (2.537m) in dicken Wolken. Es ist nicht allzu kühl...

...und geht schnell wieder abwärts auf diesem schönen, engen...

...Stück Autobahn

Huch, ein Tor auf der Autobahn?

Noch 15km. Heute ist nicht Broncos bester Tag

Ein Stück entlang des Tals...

...wo ständig das Wasser rauscht

Ein Stück Asphaltstrasse, kurz vor...

...Posten 2: 5min für ausgiebig trinken, ein heißes Süppchen und Obst

Und schon geht es wieder aufwärts...

...im schönen Naturpark. Aber nicht jeder hat gerade Augen dafür

Noch 10km, auch wenn es relativ flach ist, mehr als Gehen...

...ist gerade nicht drin

Oh nein! Was ist das denn? Eine Herde Kühe versperrt unseren Weg...

...dazu auch noch Wanderer. Der holprige Ausflug ins Gebüsch war hart

Für uns schon normal: Rutschige wackelige dünne Bretter über ein Rinnsal

 

Auf zu den Wolken! ...

...mit der Puste wird es schon eng. Aber geschafft: Oben!

Da vorne ragt ein Stein so einladend hervor...

...Zeit für eine Runde Augen schließen und Energie tanken

Hey, komm mal wieder runter...

...auf den rauen Boden der Tatsachen (Broncos Video hierzu)

Ich freue mich jedes Mal auf diese weich zu laufenden Waldpassagen
 

Schnell wieder steinig, aber wenigstens bergab und halbwegs gut zu laufen

Hui, hier geht's runter? Oh ja, und das ohne Pfad

Ziel in Sichtweite, noch etwa 1 Stunde bis Sand in Taufers?

OK, bei diesen Wegen 2 Stunden

Verpflegung 3: Letztes mal kräftig essen + auftanken und dann nur noch 5km...

...und alles abwärts. Bei Bronco läuft es nun doch wieder besser...

...man sieht es (Kurvenlage)

Gebirgs-Wasser rauscht entlang des Wegs

Ein kleiner Wasserfall und...

...oh, ein großer!

Noch 2km... Zurück aus der Natur...

...in die Welt von Häuser und Publikum...

...ich sause ein paar Meter voraus vor Bronco, denn...

...wir haben einen Plan wie wir heute ins Ziel kommen wollen: Auf allen Vieren!

Da ist endlich das Ziel. Ich krabble durch.

War lustig. Doch danach wieder aufstehen, das ist hart!- Kurz darauf beginnt es zu regnen.

Regen? Alles Wurst (20kg), wenn man im Ziel ist
 

Die nassen Sachen trocknen im Camp (Halle)...

...die Schuhe davor

Kaum sind wir 10min im Ziel beginnt der Nieselregen, der dann bald zu Schauern wird. Gummibärchen und Schokolade, Kräcker mit gutem würzigen Stilfser Käse. Die riesengroße 20kg Mortadellawurst sieht spektakulär aus, die meisten Läufer mögen das jetzt. Ein Eistee, und hier paar kurze Worte und dort. Einer hat seinen Stock abgebrochen, die Andere fand die km-Angaben nervend ungenau. Das ist das Wenigste. Man hat sich mehrfach glimpflich auf den Hosenboden gesetzt, sich die Finger geprellt oder einen infizierten Bienenstich mit Antibiotika behandeln müssen. Mancheiner humpelt, hat gar Fieber. Aber weitermachen will jeder morgen.


Die Videos des 5. Tages:

a) Bronco ist zu kaputt für ein Interview
b) Team 252 / Felix: Es lebe der Sport
c) Carlos im Todeskampf (Spanisch "muerte")
d) Rock'nRoll in den Alpen
e) Heute Extra-km: Bronco hat einen Hänger
f) Team 87 / Winfried: Das hier ist kein Kindergeburtstag
g) Team 116: Wer geht voraus? 
h) Bronco rast über Geröllbrocken
i) Team 222: Man trifft sich immer wieder
j) Lionheart im Freiflug downhill


Mehr Bilder von unterwegs? Läuferfotos und Weiteres vom 5. Tag hier


Infos:
www.transalpine-run.com

Hier zu Tag 6
 

Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8   und Bildbericht von Michael
 

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