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Letzte Änderung: 01.06.2010

"Ziel erreicht?" - Das ist eine gute Frage...


19. Welzheimer Limes-Marathon
am 09.05.2010



 


 

 (Bericht+Fotos: Jörg Ferlein)

 

Auf den Spuren der alten Römer
 


Ein bisschen Burn-Out...

Was suche ich hier, am Start des Limes-Marathons? Nach einer langen Zeit, in der Laufen keine Rolle spielte. Wo auch kleine Aufgaben zu unlösbaren Problemen wurden.
35.000 überflüssige Kalorien hängen dazu noch am Bauch rum! Und was bitte soll kommen, bei einer Mischung aus Frust, Trotz und „Beweis-was-Laune“ als einziger Motivationsquelle?


Nach langer Zeit mal wieder ein Lauf- und Erlebnisbericht aus meinem Notebook. Leider nur mit wenigen Bildern, denn ich hatte einfach keine Lust zum Knipsen.

Warum steh ich hier? Einfach weil sich etwas ändern muss? Vielleicht kennt ihr dieses Gefühl, wenn man ganz kurz entschlossen die Schuhe anzieht und los- oder auch davonrennt.

Auf der kurzen Fahrt nach Welzheim (30 km östlich von Stuttgart) denke ich an meinen 1. Marathon vor über 20 Jahren und die Unsicherheit, die ich damals mit zum Start getragen hatte. Heute, bei meinem zweiten (stimmt wirklich, das ist erst mein 2. normaler Marathon) ist auch eine Unsicherheit da, aber ganz anders als damals. Die 42km sind nicht das Thema. Die Laufzeit erst recht nicht. Hab nicht mal eine Uhr dabei. Einfach laufen und irgendwann irgendwo ankommen. Das reicht für heute. Ja, ich wäre froh, wenn ich bei mir selbst ankommen würde. Das war früher noch anders, als mein ganz großes Ziel alle Gedanken beherrschte: Unter 3 Stunden. So einfach war das damals.

Damals 1989 beim Schurwaldmarathon in Rommelshausen hatte ich mein Ziel erreicht. Danach bei den längeren Läufen gab es auch noch schöne, aber ganz andere Ziele. Und viele schöne Momente, die ich erleben durfte. Hoffentlich klappt das mal wieder.

Am Start: Wie immer bei den Volksläufen stehe ich ganz hinten. Vor mir einige hundert Halbmarathonis und auch ein paar (insgesamt nur 70 Läufer), die den ganzen Marathon laufen wollen. Die ersten 20km sind identisch mit der Halbmarathonstrecke. Neben mir wartet Johann, ebenfalls mit einer blauen Marathon-Startnummer am Bauch. Eigentlich wollte ich alleine laufen. Davonlaufen. Bloß keine Erwartungen, die an mich gestellt werden. Und bloß selbst keine eigenen Erwartungen produzieren! Jetzt bin ich aber für ein kurzes Gespräch mit einem netten Menschen sehr dankbar. Die wenigen Worte reichen, mich in eine bessere Stimmung zu bringen. Das ist gut so. Auch Johann sieht das Ganze zum Glück sehr entspannt. Das scheint ja eine fränkische Stärke zu sein.

Nach dem Start und einigen Metern durch den Ort geht es hinunter zum Ostkastell, einer großen Station an der nordöstlichen Grenze des alten römischen Reichs in Germanien. Seit 2005 ist der Limes Weltkulturerbe und nach der Chinesischen Mauer das zweitlängste (550 km) Flächendenkmal der Welt. Ich kenne die Gegend und die restaurierten Limes-Reste gefallen mir. Durch die Ernennung zum Weltkulturerbe sind hier einige Gelder geflossen und neben dem archäologischen Park auch in der Umgebung viele Überreste freigelegt und restauriert worden, sowie Wachtürme nach altem Muster wieder aufgebaut. Mittlerweile scheint auch die Sonne ein wenig zwischen den Wolken durch. Ich genieße den Moment. Keine 20 Sekunden später rutsche ich im nassen Gras aus und lande auf dem Hintern. So schnell kommt man wieder auf den Boden der Tatsachen.

Welzheim war zur Römerzeit ein wichtiger Truppenstandort am obergermanisch-rätischen Limes, der von hier aus einige Kilometer in südliche Richtung bis nach Lorch und weiter nach Osten bis kurz vor Regensburg verläuft. Auch heute, über 1.750 Jahre nachdem die Römer sich verzogen haben, ist gut was los hier. Keine römischen Soldaten, heute sind die Germanen da. Angesichts der schmalen Wege fast ein paar zu viele. Aber das ist kurz nach dem Start ja normal.



 

Ich laufe mit Johann, wir unterhalten uns und sind flott unterwegs. Zu schnell, zumindest für meine Verhältnisse. Egal, ich kann ja später immer noch wandern. Und so vergehen die Kilometer ohne viel Nachdenken. Es ist für mich weder ein Davonlaufen, noch ein Ankommen. Einfach relativ unbeschwert durch die Gegend rennen. Auch gut. Sorgen vergessen ist besser als sie mühsam zu verdrängen.

Alle etwa 3km gibt es eine Versorgungsstelle, immer mit freundlichen Menschen. Mich hat der Gute im Gegensatz zu der Läuferin nach mir nicht nach der Telefonnummer gefragt...

Und den Spaß am Laufen haben nicht nur wir. Der junge Braune lässt sich anstecken und genießt die unbeschwerte Bewegung auch.

 

Nach 12km geht es auf das landschaftlich schönste Stück der Strecke. Endlich mal wieder in einem echten Wald und weg von Straßen. Anschließend laufen wir auf ebenen Wegen am Waldrand und über Wiesen zum Aichstruter Stausee und weiter nach Welzheim.

       

Die ersten 20km sind geschafft. Für die meisten Läufer geht es zurück durch den Ort ans Ziel des Halbmarathons.

Gute Musik am Abzweig der Marathonstrecke. Herzlichen Dank an die Truppe! Meist suche ich eher die Ruhe, aber jetzt tun mir die flotten Rhythmen gut. Ich kann gerade etwas Ablenkung gut vertragen. Ich war übermütig und zu schnell unterwegs.

Mit einem kurzen aber knackigen Anstieg gehen wir auf die zweite Schleife der Strecke. Johann ist einige Meter vor mir und wäre fast vorbei gelaufen, weil kein Schild darauf hingewiesen hat und der Streckenposten gepennt hat. Im letzten Moment bekomme ich die Info und rufe ihn zurück. So was sollte nicht passieren.

Wasser- und Stromversorgung - 50 Jahre Altersunterschied

Vorbei am großen Windrad und am Aichstruter Wasserturm geht es wieder nach Norden bis kurz vor Kaisersbach und auf der gleichen Strecke wie die ersten 12km wieder zurück nach Welzheim. Mittlerweile spüre ich meine Sprunggelenke, die Kraft lässt deutlich nach und ein flaues Gefühl im Bauch stellt sich auch noch ein. Ich muss langsamer tun und sollte etwas essen. Hab aber nichts und an den Versorgungsstellen gibt es auch nur Bananen. Von denen hatte ich schon einige. Ein Stück Brot wäre jetzt gut. Am letzten größeren Anstieg bei km 27, bevor es wieder nach Süden geht, verfalle ich kurzzeitig in den Wanderschritt. Johann quittiert es mit seinem lang gezogen fränkischen „Ooooh jaaa“ und hält sich die Oberschenkel. Der arme Kerl spürt auch die Beine, schließlich ist er am Tag zuvor schon über 65 Kilometer gelaufen.

Wir beide werden langsamer, was uns aber ganz und gar nicht stört. Wir können und wollen beide nicht laufen und trinken gleichzeitig. Entweder verschlucke ich mich oder versabbere das Shirt. Also schieben wir an den Versorgungsstellen einfach kleine Päuschen ein. Passt schon so. Leider geht es im schönen Welzheimer Wald immer wieder auf Rad- oder Gehwegen neben Straßen her. Nicht so schön, auch wenn sich der Verkehr in Grenzen hält. Da könnte der Veranstalter eine bessere Wegführung finden. Aber die Landschaft drumrum ist sehr schön hier.

Im Ziel: Ich liege im Gras, die Augen geschlossen, muss und will nachdenken und bin müde. Zufrieden? Ziel erreicht? Keine Ahnung. Doch schon, irgendwie. Andererseits auch nicht. Vor mir fällt gerade der große aufgeblasene Zielbogen in sich zusammen. Die Luft ist raus. Bei mir auch. Offensichtlich fehlt uns beiden jetzt die Energie. Ich hole mir schnell einen Becher von dem komischen Isogetränk. Ein Weizenbier gibt es hier im Ziel leider nicht, das wäre mir jetzt lieber.

Ich muss innerlich grinsen, der Energieerhaltungssatz fällt mir gerade ein. „Energie geht nicht verloren“, so in der Art. Wir sind in unserer Läuferwelt auch so ein geschlossenes System, in dem dieses Gesetz gilt. Die Energie ist schon noch irgendwo. Sie blieb als Wärme auf der Strecke, im wahrsten Sinne des Wortes. Kein Wunder, dass ich so kaputt bin und schwitze... Ich sollte realistischer sehen, welche Ziele und Wünsche erreichbar sind und was wirklich gut ist für mich. Und besser haushalten, nicht nur beim Marathonlaufen, auch oder noch mehr im restlichen Leben.

Welche Gedanken wohl die Laufkollegen im Kopf haben. Hier gleich nach dem Lauf. Und einige Zeit danach? Keine Ahnung, vielleicht schreiben sie ja auch einen Bericht :-)







Ich unterhalte mich mit Johann, wünsch ihm alles Gute und verabschiede mich. Es waren schöne Stunden.

Fazit: Welzheim bietet nicht auf allen 42km uneingeschränkten Laufgenuss, aber es ist doch eine abwechslungsreiche Strecke in schöner Landschaft, eine gut funktionierende Organisation, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die sehr vielen Verpflegungsstellen sind leider dürftig bestückt. Irgendwann hatte ich genug vom Wasser, wenig schmackhaftem Iso und Bananenstücken. Da hätte mir Cola, Apfelschorle und feste Nahrung wie z.B. ein Brot gut getan. Vielen Dank an die vielen Helfer, die immer sehr freundlich und hilfsbereit waren.

Ziel erreicht? Diese Frage habe ich mir oft gestellt, wäre auch ein guter Titel für meinen Laufbericht gewesen. Deshalb habe ich den Bericht auch erst 14 Tage nach dem Lauf geschrieben. Ziel erreicht? Diese Frage konnte und wollte ich nicht früher beantworten. Ich habe wieder erfahren müssen, dass man auf einer Marathonstrecke wirklich nichts beweisen kann. Sich selbst nicht und anderen noch viel weniger. Warum auch. Das ist gut so, denn das wäre zu einfach. Angetrieben durch Frust und Trotz durch die Gegend zu rennen, ist etwas blöd. Nach 5 Tagen fragt dann jemand ausschließlich nach der Laufzeit und ich bekomme ein knappes „Klasse“ als Kommentar. So was hatte ich mir sogar erhofft. Nur nicht als Kommentar zu einer Leistung, auf die ich nicht stolz bin. Eher als Aufmunterung und als Anerkennung, dass ich was getan habe. Ja, das hätte ich mir gewünscht. Mir wäre auch eine ganz andere Frage wichtiger gewesen, denn die Laufzeit sagt gar nichts aus, wie man sich fühlt. Und nur das zählt. - So ein Mist, ich hatte mir so sehr vorgenommen, keine Erwartungen zu produzieren. Ziel glatt verfehlt! Sorry, ich kann meine Enttäuschung nicht ganz verbergen. So fühlt sich mein Leben eben gerade an. - Nein, Träumen werde ich so schnell nicht mehr nachrennen.

Sportlich gesehen lief es bei mir fast zuuu gut. Klar war das Blödsinn, so schnell zu laufen. Fast ohne Training. Aber was soll's, ich lebe noch und es musste auch genau so sein. Der Körper steckt die Dinge im Moment viel besser weg als der Geist. Der etwas verrückte (nicht bös gemeint) Ultraläufer Klaus Neumann hat es auf einem Trikot stehen: „Ich bewege mich und komme deshalb voran“, oder so ähnlich. Ich habe mich heute bewegt und ich komme auch voran. In kleinen Schritten halt. Die Ziele habe ich wohl, die Wege muss ich noch finden.

                                                                                                                                                         

Vielen Dank an dieser Stelle an Johann, mit dem ich die ganzen 42km gelaufen bin und an die Menschen, die mir nach dem Lauf so viel Verständnis entgegen brachten und mir Mut für die Zukunft gemacht haben. Genau diese Dinge sind viel mehr wert, als die Bewertung von Laufzeiten.
             
Euer Jörg   


Infos: www.limes-marathon.de (Marathon 25 €)

 

 

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