Team Bittel
 

04.11.2012 - LGA-Indoor-Marathon  

Autor:  KaiSchlachter   E-Mail: murphy§murphyslantech.de
Letzte Änderung: 09.11.2012 23:13:44

Einer meiner Lieblingsläufe, udn es lief sehr gut
Spätestens nach der Zeitumstellung auf ”Normalzeit” zeigt sich, wer ein Genussläufer ist, oder wer es mit dem Training sportlich ernst meint und auch über die Wintermonate fit bleiben will. Die meisten Lauftstrecken sind verwaist – sei es wegen Dunkelheit oder einfach weil man bei Regenwetter nicht gerne läuft. An Wettkämpfe denken nur noch die wenigsten (immerhin ist es ja nicht heiß, eher unangenehm kühl am Start). Wer weiß denn, ob man nicht schon im Startblock komplett durchgeweicht ist, wegen eines herbstlichen Regengebiets. Fürs Training gibt es dann noch die Chance im Verein in einer Halle zu trainieren. Unter anderem habe ich als Freizeitläufer die Ehre Abends jede Woche einmal im Olympia-Stützpunkt trainieren zu dürfen. Da ist das Wetter egal. Wettkämpfe in der Halle gibt es auch, aber das ist wirklich öde – immer im Kreis, keinerlei Abwechslung und irgendwann wird man dabei meschugge. Zumal die meisten Innenbahnen gerade einmal 200m Länge haben. Da ist der Drehwurm vorprogrammiert bis man den Marathon hinter sich hat. Aber der TÜV Rheinland hat diese Lücke ja schon seit längerer Zeit erkannt und 2012 findet der 8. LGA-Indoor-Marathon in Nürnberg statt. Die Kulisse dazu bildet das Gebäude der Landesgewerbeanstalt – ein ausgedehnter Bürokomplex mit langen Gängen. Eine Runde ist 767m, für den Marathon muss man also 55 Runden laufen. Als Schmankerl für die Muskeln gibt es 455 Höhenmeter in Form zweier Treppenhäuser. Diese sind jede Runde zu meistern, einmal abwärts und einmal aufwärts um wieder im Erdgeschoss in die nächste Runde zu gehen. Aufgrund der Enge ist der Lauf auf 120 Teilnehmer in der Marathondistanz beschränkt, dazu kommen noch einige Staffeln und Halbmarathonis. Mittlerweile ist die Veranstaltung weit über die Region hinaus bekannt und zieht viele Menschen an – die Startplätze sind jedes Jahr sehr sehr schnell vergriffen. Aber ich weiß das ja. So stehe ich nach einem Jahr wieder im Foyer der LGA im Nürnberger Tilly-Park. Schon vor 4 Wochen war ich in der Frankenmetropole zum “Warmmachen” über die Halbmarathondistanz beim Stadtlauf. Im Gegensatz dazu werde ich in der LGA die Fahne für Helgas Lauffreunde hochhalten. Einige Mitglieder sind verletzt und andere Stammteilnehmer können aus familieren Gründen nicht teilnehmen. Dafür mache ich natürlich dann keine halben Sachen! Wenn dann die vollen 42,195 km durch die Flure. Neckisches Zubehör dieses Jahr: Meine “gepimpte” Startnummer mit den ganzen Laufvereinigungen und Vereinen mit denen ich unterwegs bin. Die Strecke ist mir wohlbekannt: Die L-Form durch die Gänge und eine Schleife durchs Foyer an den Zuschauern und der Staffelübergabe vorbei. Dennoch nicht zu verpassen: Das Briefing um kurz vor 11 mit Markus Othmer (ARD) und den Regeln: Überholen nur mit Vorsicht, in den Treppenhäusern schon mal gar nicht!

Die enorme Eventdichte auf der gesamten Strecke – kein anderer Lauf bietet mehr Fanpassagen, Moderation, Musik, Verpflegung als der LGA-Indoor-Marathon: Alle 767 Meter kommt man wieder dran vorbei. Die Musik kommt auch dieses Jahr von Ritmo Candela, einer Samba-Band, die am Ende genauso erschöpft ist wie die Sportler.

Ziel für mich dieses Jahr: Endlich hier die verflixte 4h-Marke zu knacken. Letztes Jahr war ich 10min zu langsam. Das soll besser werden, ich habe ja diesmal fleißig trainiert und mehr Einheiten gemacht als beim letzten Mal. Leider schaffte ich nur 1x die Woche Treppentraining, aber das muss reichen. Noch in der Umkleide habe ich den Rechner gezückt und ausgerechnet, dass ich etwas mehr als 4 Minuten pro Runde brauchen darf, um mein Ziel zu erreichen. Die Rundenkontroll-Anzeigetafel ist echt praktisch, und auch hinterher gibts die Rundenzeiten zum Download und zur Analyse. Kurz vor dem Start findet sich auch Erwin Bittel ein, wie immer zu erkennen am Hut. Flugs weist er noch die Staffelleute auf die "Knackpunkte" der Strecke ein, dann geht es auch schon an den Start in einen der Gänge.

Pünktlich um 11:00h gehts los. Die ersten 3 Runden bin ich damit beschäftigt mich zu sortieren “nur nicht zu schnell loslegen”. Dennoch: 3:57min sind deutlich zu schnell, also etwas rausnehmen. Mit zunehmender Rundenzahl stabilisiere ich meine Rundenzeiten um die 4min. Ausreißer gibt es immer wieder, z.B. als eine Läuferin vor der Verpflegungsstelle stürzt oder wenn es im Treppenhaus mal wieder stockt. Nachdem mir Helga eingeschärft hatte, immer an den Foto- und Video-Stationen nicht wie üblich meinen Tunnelblick einzuschalten sondern zu lächeln, befolge ich das jede Runde. Irgendwie hebt das wirklich die Laune. Ihr Mann Heinreich hat sich wieder mit Video-Kamera an der Strecke postiert. Zudem haben wir vereinbart, dass ich die letzten 10 Runden angesagt bekomme, denn in den letzten Jahren war es problematisch die Rundenzahl auf der Leinwand an der Strecke zu erfassen. Dieses Jahr klappt das wesentlich besser, nicht nur die gelaufene Anzahl sondern auch die verbleibenden Restrunden werden angezeigt (zumindest wenn nicht gerade mit einem ein dicker Pulk durch die Messung gelaufen ist – da rutscht man schnell unten aus dem Bildschirm raus – so schnell kann man gar nicht schauen). Andererseits will ich auch nicht so genau hinschauen, ich halte mich lieber stur an meine Zeiten, Runde für Runde. Es läuft sehr gut, auch wenn anfänglich einige Leute drängeln und schieben und sogar das Überholverbot im rappelvollen Treppenhaus nicht einhalten wollen. Aber die große Masse der Läufer hält zusammen: Es wird fairerweise nicht überholt. Und wer drängelt vergeudet Energie – und riskiert eine Disqualifikation. In aller Regel sortiert sich das Feld vor den Treppenhäusern so, dass man ohne viel Tempoverlust hoch und runter kommt.

Rein vom Gefühl her stimmt heute etwas nicht. Im letzten Jahr kam alle 8 Runden ein gut gelaunter Erwin von hinten angeflogen, diesmal ist das erst nach 11 Runden der Fall. Bin ich so schnell oder macht Erwin heute langsamer? Egal, dieser Turnus bleibt lange Zeit konstant. So kann man sich ungefähr einordnen, wenn man nicht ständig die demotivierenden Rundenzähler anschauen will. Ich lasse mich auf keinen Fall hineintreiben – ein Marathon ist und bleibt eine lange Distanz. Und wer zu früh sein Pulver verschießt, der hat am Ende zu kämpfen. Pulver ist ein gutes Stichwort: Damit mir die Energie nicht ausgeht mache ich alle 30 Minuten einen Abgriff an der Versorgungsstation – kleine Stücke Banane sind optimal für mich. Dazu nach Laune Wasser oder Iso-Getränk (sehr klebrig, sicher eine Menge Zucker drin, das kann ja nicht schaden – nur zum Durstlöschen taugt es nicht).

Die Runden fliegen an mir nur so vorbei, die Rundenzähltafel schaue ich bewusst eine ganze Zeit nicht an. Nun überholt mich Erwin gefühlt häufiger als alle 10 Runden wie zu Beginn. Hat er ne Schippe draufgelegt? Kein Grund zur Panik, meine Zeiten sind weiterhin im Rahmen dessen was ich mir vorgenommen habe. Nach und nach wird die Strecke leerer, die Halbmarathonis sind am Ziel, auch die Nummer 100 mit der ich mich in der Umkleide unterhalten hatte ist im Ziel. Von den Überrundungen habe ich nur eine mitbekommen – ich weiß nicht ob es mehr geworden sind. Zwischendrin laufe ich immer wieder auf einen Pulk von Läufern auf, gerade im Treppenhaus hoch staut es gerne. Aber ich drängle nicht sondern nutze die Phase als kurze Erholung – auch wenn es um so schwerer fällt wieder anzulaufen nach dem Treppenhaus. Wie in jedem Jahr sind wieder die Läufer der Down-Syndrom-Staffel mit auf der Strecke unterwegs. Viele Läufer klatschen und motivieren diese Teilnehmer besonders, auch wenn es mit den Treppen mal etwas länger dauern sollte. Wir sind bei einem Marathon, der auch Spaß machen soll und nicht auf der Flucht. Einige unruhige Zeitgenossen scheinen das aber nicht verstehen zu wollen und drängeln ordentlich.

Am Anfang kann ich noch mitmachen beim Motivieren, aber als es ans Eingemachte geht und nur noch 20 Runden für mich auf dem Programm stehen merke ich, dass mir die Energie trotz Zufuhr langsam abhanden gekommen ist. Aber ich bleibe hart: Zucker in Form von Cola gibt es erst auf den letzten 12 Runden – vorher Wasser, Iso und Banane. In der Auswertung nach dem Lauf kann ich den Knick deutlich sehen, die letzten 15 Runden brechen meine Zeiten stark ein – kaum eine Runde unter 4:15min. Da helfen auch Helgas motivierende Worte nur wenig. Beim nächsten Mal das Futterintervall gegen Ende kürzer machen, dann dürfte es besser werden.

Die letzten 12 Runden werden zur Qual, selbst mit Cola, Banane und Iso-Getränk in jeder Runde. Aber aufgeben geht nicht mehr. Die Uhr zeigt immer noch optimistische Zeiten an, um unter 4 Stunden ins Ziel zu kommen. Im Treppenhaus aufwärts treffe ich wieder mal Erwin, der hat nur noch 1 Runde vor sich. Für mich sind es noch 7. Ich habe schon lange innerlich begonnen abwärts zu zählen, vor allem im Treppenhaus aufwärts (wie oft muss ich das Ding noch hoch?), denn es ist die anstrengendste Stelle! Helga gibt mir jede Runde Bestätigungen meiner Zählerei. So kann ich sicher sein, dass ich nicht eine Runde zuviel laufe, das wäre ärgerlich. Noch 5 Runden – mein Körper wehrt sich langsam gegen die Strapazen, Ansätze von schweren Waden und ein Ziehen kündigen nichts Gutes an. Also vorsichtiger aufsetzen und möglichst sauber laufen – es sind ja nur noch wenige Runden. Mir wird bald bewusst woher das Problem kommt: Ich bin weit jenseits der 30km, die ich sonst im schönen Odenwald mit allen Steigungen & Co absolviert habe. Da muss ich mir noch ein paar längere Einheiten einfallen lassen (oder einfach anstelle mit dem Auto zu Fuß zum Treffpunkt, das wäre dann aber gleich ein Ultra, und das schon im Training). Mit schönen Gedanken an das herbstliche Training motiviere ich mich über die letzten Runden. Jedesmal der Blick auf die Uhr – und die zeigt immer noch: “Alles ok, das geht mit unter 4 Stunden”. In der letzten Runde bin ich mir nicht sicher, ob es nicht sogar noch reichen könnte für 3:55h. Ich gebe vorsichtig ein wenig Gas – zu verlieren habe ich nicht mehr viel. Dabei noch kurz von den Streckenposten verabschieden. Nochmal vorbei an der Versorgungsstelle und ein letztes Mal mit Schwung ins Treppenhaus. Keine gute Idee: Meine Wade beginnt auf den letzten 2 Stufen zu krampfen. Aber egal, da wird jetzt wegen 300m nicht mehr lange Terz gemacht, Zähne zusammenbeißen und durch. Am Ende verfehle ich die 3:55 nur ganz ganz knapp um 5sec. Das ist mir aber völlig egal. Direkt nach dem Ziel bekämpfe ich erst mal den Krampf in der Wade bevor ich mir in der Zielverpflegung jede Menge Wasser und isotonische Getränke zuführe. Das Kuchenbuffet ist ja sowieso legendär …

Interessant wird der Gang zu den Umkleiden. Die befinden sich nämlich im Untergeschoss. Oh, da gibt es nochmal ein Treppenhaus zu bewältigen. Absolut nicht einfach. Immerhin habe ich mir vorab schonmal eine Massage reserviert. Die habe ich dringend nötig und es ist so angenehm wenn die Waden wieder langsam weicher werden, auch wenn es bei mir Muskeln gibt die total überstrapaziert sind und beim Kneten reichlich schmerzen. Erwin meint da kollegial: Lass den Schrei ruhig raus, das schreckt die Anderen ab und wir haben mehr Zeit für die Massage. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

Fazit: Immer wieder ein schöner Saison-Abschluss, egal wie das Wetter wird – eine Steigerung um 15min zum Vorjahr, da bin ich echt super zufrieden! Mal schauen was 2013 drin ist? Den 1. Platz in der Alterklasse habe ich auch noch gemacht. Im Gesamteinlauf bin ich auf Platz 21 gelandet. Weil die schnellste Frau noch vor mir war bin ich also Platz 20 unter allen Männern. Da gibt es nichts zu meckern. Auch wieder ein ganz großes Lob an die Organisatoren, die sich traumhaft um die Durchführung kümmern. Da kommt man gerne wieder, um sich die Treppen hoch zu schinden.

Zum Abschluss gehts traditionell in die Pizzeria L’Hosteria mit den extragroßen Pizzen. Nach dem Lauf kann ich die einfach nur wegputzen, bevor es wieder gen Heimat geht.

CU Kai
Weiterführender Link zum Thema: Erwins Bildbericht LGA-2012
 
[team/fuss.htm]