Team Bittel
 

Biel 2005  

Autor:  StefanReinhardt   E-Mail: stefan-reinhardt@gmx.net
Letzte Änderung: 21.06.2005 20:35:14

Traumhaftes Wetter, so macht das Laufen Spass
Mein mittlerweile dritter Versuch in Biel. Nach der eiskalten Dauerdusche im letzten Jahr hatte ich mir vorgenommen, nur bei guten Bedingungen nach Biel zu fahren. Und siehe da, laut Wetterbericht sollte es trocken bleiben. Die Temperaturen sollten sich in einem angenehmen Bereich halten.

Freitag musste ich noch bis Mittag arbeiten, dann ging es gleich auf die Autobahn Richtung Schweiz. Die Fahrt über A6 und A5 wie immer eine Katastrophe. Gegen 18:00 bin ich in Biel. Schnell noch nachmelden, dann ins Auto legen und dösen bis kurz vor dem Start. Mittlerweile ist mir die Atmosphäre schon sehr vertraut, vor dem Start kehrt immer eine innerliche Ruhe ein. 21:30 packe ich meinen Rucksack und muss leider feststellen, dass die Digiknipse daheim geblieben ist. Schade bei dem Wetter.

Der Start ist dieses Jahr etwas unkonventionell, da eine Baustelle zu einer Umleitung zwingt muss die ganze Läuferschaft erst 200m nach vorne gehen bis es über die Startlinie geht. Durch Biel fehlt mir wie immer die Orientierung, wenn ich mich nicht ganz irre war die Strecke bei meinen letzten Starts jeweils anders. Egal, irgendwann geht es bergauf, spätestens dann ist man wieder auf der alten Route. Nach dem ersten Dorf geht es ein Stück bergab und hinaus in die große Ebene. Die Maratonis (die noch eine extra Runde durch Biel laufen) und später die Staffelläufer (starten 1 Stunde später) überholen, dann kehrt endlich Ruhe ein. Langsam spüre ich wieder die Unendlichkeit des Laufes, die Streckenlänge übersteigt immer noch mein Vorstellungsvermögen.

Die Nacht ist angenehm kühl, ca. 15 Grad soll es haben. Von den ersten 40km bekomme ich wie üblich nicht viel mit, ich laufe zu verträumt durch die im zarten Mondlicht erstrahlende Landschaft. Manchmal denke ich noch an die 5km Tafeln, aber wenn ich eine sehe so ist es nur eine Maraton-Tafel. Nach dem ersten Etappenziel biegt die Strecke rechts ab, kurz danach stand letztes Jahr noch die 40km Tafel. Dieses Jahr muss man noch einen km weiter laufen bis man die 40 erreicht.

Es folgt eine lange Steigung, ein schönes Waldstück, ein langweiliger Weg an den ich mich kaum mehr erinnere, dann der Sonnenaufgang. Einfach umwerfend, ich bleibe stehen und bestaune die vergletscherten Berge die zartrosa angehaucht aus dem Morgendunst auftauchen. Was für ein Pech, dass ich ausgerechnet dieses Jahr die Kamera vergessen habe. Im weiterlaufen wandert mein Blick immer wieder zurück in das Berner Oberland.

Bald darauf Kirchberg, die zweite Etappe ist geschafft. Letztes Jahr habe ich nach Stunden im Regen völlig aufgeweicht von hier die Rückreise im Bus angetreten. Bei dem heuteigen Wetter hält es mich aber nicht lange, es reicht gerade für ein paar Stückchen von dem leckeren Gebäck, dann schnappe ich noch etwas Brot und laufe weiter.

Der Ho-Chi-Min Pfad wartet gedudldig auf die etwas Langsameren. Irgendwie hatte ich ihn aber anders in Erinnerung, dieses Jahr muss noch jemand mit der großen Heckenschere durchgelaufen sein, der Weg ist deutlich breiter und weniger verwachsen als vor zwei Jahren. Der Damm zieht sich lange hin, es geht um die häßliche Kläranlage und kurz darauf passiert es. Ein Ruck im rechten Bein, ein stechender Schmerz im Fußgelenk, der Ärger über die Unachtsamkeit. Mist, ich wusste doch, dass es hier überall Wurzeln und Kieselsteine gibt, muss ich denn ausgerechnet jetzt... Langsam gehe ich weiter, so schlimm scheint es doch nicht zu sein. Ich nehme mir vor den Lauf in Bibern zu beenden, aber bis dahin liegen auch noch mehr als 10km vor mir. Gemütlich lasse ich es jetzt ausklingen, wohl wissend dass ich noch zwei Stunden brauchen werde. Die letzte Steigung liegt schon wie vor zwei Jahren in der prallen Sonne, allerdings weht heute noch ein relativ frisches Lüftchen.

In Bibern melde ich mich schließlich ab, und warte ein paar Minuten auf den Postbus. Ich weiß nicht so recht was ich machen soll, nach stundenlangem Laufen ist es gar nicht so einfach stehenzubleiben und nichts zu tun. Einfach warten.

Im Bus denke ich nocheinmal zurück an die schöne Strecke, der Sonnenaufgang wird mir sicher unvergesslich bleiben. Wie schon im letzten Jahr erinnere ich mich wieder an ein besonders dunkles Waldstück, steil ging es bergab, unten eine Linkskurve. Es war absolut nichts zu sehen, ich strecke die Arme nach vorne um wenigstens niemand umzurennen. Dennoch, ich lasse es richtig laufen und renne den Weg hinunter ohne zu straucheln. In diesen Agenblicken habe ich immer das Gefühl ganz neue Sinne zu entwicklen, es ist nichts als ein Gefühl das einem den Weg weist. Noch ein paar Gedanken an die letzten km, etwas schmerzhaft waren sie doch, können meine Freude über den schönen Lauf aber nicht trüben.

In Biel stelle ich mich kurz unter die kalte Dusche, dann trete ich die Heimreise an. Wie letztes Jahr auch fahre ich heimwärts über Bregenz und die A7, eindeutig die bessere Variante.

Biel und die Nacht der Nächte, ein Erlebnis das ich nicht missen möchte. Hoffentlich kann ich nächstes Jahr wieder teilnehmen.

Und der Fuß? Naja, daheim war er dann doch dick geschwollen. Dauert sicher ein paar Wochen bis wieder alles ok ist, aber solange ich nicht laufen kann habe ich wenigstens wieder eine gute Ausrede zum Motorradfahren (und nächstes Wochenede geht es auf zwei Rädern in die Schweiz :-).
Weiterführender Link zum Thema: 100km von Biel
 
[team/fuss.htm]