Team Bittel
 

17.05.2003 Rennsteiglauf  

Autor:  ErwinBittel   E-Mail: erwin@teambittel.de
Letzte Änderung: 18.05.2003 11:59:16

Unsinn gemacht - Ausgeschieden.
Servus Ihr Leser!



Wieder Glück mit dem Wetter. Wie 2002. Kein Regen, kein Wind, trocken und angenehm kühl. Angenehm für die, die laufen... (und ich tat es nicht – zumindest nicht ständig).

Eigentlich wollte ich hier ein bisschen die wundervolle, einzigartige Stimmung am Tag vor, direkt vor und während des Laufes beschreiben. „Rennsteig-Atmosphäre“ sozusagen. Doch Kerstin hat mich ermuntert, das zu schreiben was mir passiert ist. Auch wenn es nicht so toll war, nicht unbedingt erzählenswert ist. – Na ich tu’s mal:

Ich hab ein wenig Unsinn gemacht.

Ich dachte mir, ich laufe in kurzem ärmellosen Shirt. Short sowieso immer wenn es während des Laufens nicht gerade unter 5 Grad hat. Leichtbekleidet stehe ich um 5:15 Uhr am Marktplatz in Eisenach. Es friert mich ein wenig. Klaro, bei nur Plus 4 Grad. Zum Glück gibt’s das wohlgewärmte Zelt, in das ich mich flüchte. Und in dem ich bis 2 min vor dem Knall bleibe. Dort Gymnastik, Leute beobachten oder überraschend Frank treffen (Servus!). – Soweit nichts Besonderes, wer mich kennt.

Am Start stoße ich auf Barbara, die nette und schnelle Polin (und wild: 254ter Marathon in 3 Jahren). Sie hat heute Geburtstag. Ich gratuliere und wir beginnen zu plaudern und: „plopp“, räuspert sich die Starter-Pistole. Wir traben gemächlich los, relativ weit vorne im Pulk. Wir freuen uns, uns wieder mal getroffen zu haben. Wir laufen etwa 15 min. Barbara kennt viele Leute. Auch Holger, und der sei ein Stück hinter uns. Holger??? Wirklich? Ja super, den hätte ich schon lange gerne mal wieder sehen!

Unsinn fang an, bleibe ich an einem Baum stehen und warte auf Holger. Ich blicke der bergauf trottenden Läuferschar entgegen. Holger kommt nicht. Ich warte weiter, beginne etwas auszukühlen. Meine Brille beschlägt. Ich nehme sie ab, schwenke sie vor mir und lächle. 1.001 stirnrunzelnde Rennsteigläufer blicken mich an. Was tut denn der da? Ich warte und da kommt wirklich Holger. Schön! Wir freuen uns, beginnen sofort zu erzählen. Hach ist das schön, dass ich Dich wieder treffe! Nach einem Boxenstop treffe ich neben Holger den einarmigen Reinhard (Respekt!), den ich im Ziel wieder sehen sollte.

So laufen wir gemütlich weiter, erzählen, berichten. Km3, km5, km7. An der 1. Verpflegungsstation bleiben wir stehen. Alle stehen. Ich trinke einen Schluck Wasser und stehe so da. Ich höre zum ersten Mal seit dem Start in mich hinein, wie es mir geht. Und bemerke schlagartig: mir ist KALT. Die Beine ein wenig, mein Rücken. Es wird unangenehm und ich beschließe spontan etwas dagegen zu tun: „Ciao Holger, mir wird kalt, ich gehe weiter“.

Also sprach ich und entwich.

Unsinn mach weiter: ich laufe natürlich recht schnell. Ich düse förmlich an dem Lindwurm vorbei, immer auf der äußerst linken Grasnarbe. Manchmal Slalom. Okay, niemals drängend oder gefährlich, wer mich kennt. Doch kein besonders angenehmes Laufen. Na ja, ich bin schon auf anderem Untergrund gelaufen. Weil ich so was nicht oft machen beobachte ich meinen Puls. Alles im normalen Bereich. Gut. Und langsam wird mir auch wärmer. Schön.

So ziehe ich weiter, verweile ein Stück bei dem einen oder anderen Läufer, trotte die steilen Anstiege langsam hoch, gehe manchmal. Ich lerne den Swiss-Alpine-Veteranen kennen, der die Berge hier natürlich flach findet. Den mit Hund Benny an der Leine. Den Franken Manfred, den ich schon kenne und der mich mit seinem Laufpartner Jochen grüßt. Ihr Ziel ist 6:59 h. Den Hageren, der hier zum 28ten Mal läuft. Dann stoße ich wieder auf Barbara. Wir sehen uns im Ziel, sage ich, wissend, dass das nicht leicht ist, weil man nie weiß wann einer einlaufen wird.

So kommen km-Schilder um km-Schilder. Km20. Ich habe meinen Schritt gefunden. Etwas schneller als ursprünglich gedacht, nicht voll, aber ich möchte nicht wieder langsam laufen. Die Temperatur ist mir jetzt angenehm zum Laufen. Kein Wind. Km30. Mein Puls ist so wie er immer ist bei diesen Läufen. Gut. Ich ziehe durch den Wald, hole immer wieder jemanden ein. Aber nicht mehr so viele wie bis jetzt. Es werden weniger. Km35, der Kolumbianer mit „Colombia“ am Rücken. Bergauf, bergab, ich laufe gut. Eigentlich wollte ich heute den „Schleim“ probieren. Doch ich kann nicht einmal eine halbe Banane essen. Keine Experimente. Vielleicht später...

Bei km40 meldet sich mein Rücken: „bitte entspannen“. Ich entlaste ihn. Km45: „ Hier bin ich wieder, dein Rücken“. Ich weiß nicht, aber es fühlt sich nicht wie eine typische Verspannung an. Ich spüre weiter in mich. Na, dann habe ich ihn wohl verkühlt. Mist!

Km50. Puls prima, Beine bestens, Atem gut. Meine innere Stimmung ist gut. Soll ich weiterlaufen? Soll ich am Grenzadler aufhören? Klaro würde es reichen bis ins Ziel. Aber habe ich wirklich Lust weiterzulaufen? Nein, habe ich nicht. Nicht ausreichend genug. Ich mag nicht die nächsten tage oder gar Wochen mit Hexenschuss oder Rückenproblemen zu tun haben. Und wenn ich weiter gehe, dann ist die Gefahr groß. Das vertreibt mir die Lust. Dennoch laufe ich leicht und fühle mich ansonsten gut.

So laufe ich über die Matte bei km 54,7 (zufällig sehe ich wieder Jochen neben mir) und beschließe: ich bleibe hier. Es ist gut heute. Außerdem gefiel es mir schon letztes Jahr hier, denke ich. Jochen starrt erstaunt und vollkommen ungläubig auf mich: wie bitte??? Nein, ist gut, Jochen, lauf Du ruhig weiter. Ich bleibe.

Ich trinke, setze mich, schaue den vorbeikommenden Läufern zu und melde mich ab. Dort drüben sei das Auto, das mich zum Ziel weiterbefördert. Ich bekommen eine wärmende Decke und bemerke langsam, dass es wirklich gut ist zu bleiben. Mein Rücken ist unterkühlt. – Tja, nicht aufgepasst am Anfang! Unsinn gemacht. Wer macht denn auch so was? Bei 4 Grad leise dampfend stehen zu bleiben.

Ich will den Schleim versuchen, lasse es aber doch. Tipp von meinem Magen. Ein Blitzgedanke. Mein Kopf meldet sich zu Wort: „Komm, wir machen weiter“. Bauch sagt: Lass mal Junge!“ Ich setze mich ins Auto, plaudere mit dem mit allen Details und Varianten der Laufstrecke vertrauten Fahrer. Schon bald sitzt Manfred neben mir. Der Franke. Zu viele Berge für den erfahrenen Flachläufer. Wir beglückwünschen einander zum weisen Entschluss hier zu bleiben.

Ich fahre ins Ziel, bin natürlich zu früh für meine „Abholer“, friere im Nieselregen ohne Jacke. Die Crew im Med-Punkt umsorgt mich lieb. Danke! Vielleicht stehen meine Abholer weiter vorne auf der Strecke? Gut, dann laufe ich mich aus, 4-5km, den Ankommenden Läufern entgegen, feuere sie an. Dann wieder zurück. Nochmals aufwärmen, weitere Gymnastik. Mir geht’s locker. Wieder kalt. Wieder auf die Strecke, noch mal den anderen entgegen. Treffe den Einarmigen. Freue mich mit ihm. Treffe Frank, enttäuscht von 8:00 h nicht erreicht. Ich laufe mit ihm zum Ziel. Da finden mich meine Abholer. Endlich wärmende Sachen. Wir setzen uns eine Weile und warten auf Thomas. Wir betrachten die vielfältigen Gesichter, die allermeisten mehr tot als lebendig. Und Thomas? Ich sage er kommt schneller als vorgehabt. Und er kommt. Und sieht gut aus. Wow!

So, das war es, was ich schreiben wollte.


Erwin vom „Team-Bittel“


Starter: 15.533? (HM 5.825, Marathon 3.500?,
Ultra 1.500?, Rest=Walker)
Finisher: Ultra (1.418, 11% Frauen)
Marathon (3.167)
Halbmarathon (5.251, 26% Frauen)

Zahlen mit "?" sind noch nicht bestätigt

Infos: www.rennsteiglauf.de














 
[team/fuss.htm]