Team Bittel
 

06.11.2005 - New York City Marathon  

Autor:  ErwinBittel   E-Mail: erwin@teambittel.de
Letzte Änderung: 12.12.2005 00:27:49

Bericht von Holger Schmidt, zum ersten Mal in USA, zum ersten Mal New York, 35.000 Läufer und Millionenpublikum.



Hallo liebe Leser,

ich möchte hier nicht nur von meinen Erlebnissen während des Marathons berichten, sondern auch von der restlichen Zeit in dieser faszinierenden Stadt.

Ich flog am 02. November um 8:20 Uhr mit einer lustigen Gruppe des Lautreff Ansbach-Nord von Frankfurt ab. Wir waren um 2:00 Uhr nachts in Ansbach abgefahren, also war es schon in dieser Nacht nichts mit Schlafen. Im Flugzeug widmete ich mich ebenfalls lieber der hervorragenden DVD- und CD-Auswahl der Singapore-Airlines als dem Schlaf.

New York. Zum ersten Mal in meinem Leben. Ankunft war um 11:00 Uhr vormittags. Trotz Schlafmangel stand ich diesen Tag bis abends durch. Irgendwie. Unser Hotel lag in Secaucus, eine 1/2 Stunde von NY entfernt. Mehr als ein bisschen die Gegend um das Hotel zu erkunden, war am ersten Tag nicht drin.

Mein Schlafrhythmus pendelte sich in den folgenden Tagen gut ein. Ich wachte aber wie alle anderen immer so gegen 4:00 Uhr morgens auf. In 5 Tagen kann man sich einfach nicht umstellen.

Am folgenden Morgen war ich gespannt auf das Frühstück im Hotel. New York ist eine wunderbare Stadt, voller Überraschungen. Als ich mein Breakfast sah, konnte ich schon die ersten grundlegenden Unterschiede zu Germany feststellen:

- Plastikbesteck und Pappbecher und
- Nahrung, die schon den Kalorienbedarf des ganzen Tags deckt

Ich pack das nicht. Unser typisches Breakfast im Hotel bestand aus Kaffee (nicht mit dem deutschen Kaffee zu vergleichen, eher als Kaffeewasser zu bezeichnen), Muffins, Bagels und einer Art Steak. Steak? Na, guten Morgen. Ich habe alles probiert, bin aber sehr schnell brav bei Kaffee und Muffins geblieben.

Thema Essen

Ich muss gestehen: ich habe mich während meines gesamten Aufenthalts fast nur von Fastfood ernährt! Vor allem vor einem Marathon ein Novum für mich. Es hatte aber seine Gründe: ich bin nämlich kein Multi-Millionär!!!!! Wer in NY meint, jeden Tag Essen gehen zu können, benötigt eine gut gefüllte Kriegskasse. Das sage ich Euch. Und am meisten wurden wir im Viertel Little Italy ausgenommen. Mafiabande! Wir wunderten uns bei der Rechnung über die hohe Summe für Getränke. Da der Preis für ein Bier nicht in der Speisekarte ausgewiesen war, erkundigten wir uns und erhielten folgende Antwort: „The beer is $ 6,00 net“. Für alle die Spaß am rechnen haben: wie viel kostet ein Bier, bei $ 6,00 netto + 8,375% Steuer + 15% übliches Trinkgeld? Ich sag es Euch: $ 7,48 für ein Budweiser, das nicht mal besonders schmeckt. Fazit: Falls es Euch irgendwann mal nach Little Italy verschlägt, trinkt lieber Wein. Der kostet nur $ 9,00 für 0,7 Liter. Ich hatte zum Glück Wein bestellt. Die restliche Zeit habe ich mich bei Hot Dog-Ständen, McDonalds, Burger Kings und Starbucks (der einzige Ort, an dem es guten Kaffee gibt) durchgefuttert. Das einzige, was ich für meinen Kohlehydratspeicher tat, war der Besuch der Pasta-Party am Vorabend des Marathons. Die Party war aber wirklich klasse. Das war eine RICHTIGE PARTY! Live-DJ, gute Sounds und Lichteffekte, richtige Disco-Atmosphäre. Leider waren die Nudeln dafür weniger gut. Meine ersten 2 Portionen waren kalt und wanderten daher direkt in den Mülleimer. Hauptsponsor war Barilla, denen tut das sicher nicht weh. Die dritte war endlich warm und genießbar. Zum Trinken gab es Corr’s Bier und grünes Gatorade (welchem ich noch ein einige Zeilen widmen werde).

Meine restliche Zeit in NY verbrachte ich mit so viel Sightseeing wie möglich. Die City hat es mir wirklich angetan. Und es gibt unheimlich viele hübsche Mädchen hier. Wer NY besucht, sollte sich auch unbedingt Musical-Karten besorgen. Es ist einfach ein Erlebnis, eines der Musicals am Time Square zu besuchen. Mich hat es ins „Phantom der Oper“ verschlagen. Eine wunderbare Inszenierung und trotz kleiner Sprachbarriere ist die Handlung leicht zu verstehen.

Des weiteren besuchte ich während einer Stadtrundfahrt das Empire State Building. Es bietet nachts einen fantastischen Blick über die Stadt, die in einem Lichtermeer erstrahlt (kolossale Energieverschwendung, sieht aber geil aus). Ein Haltepunkt einer anderen Tour war Ground Zero, an dem früher das World Trade Center stand. Dieser Ort strahlt selbst Jahre nach dem Terroranschlag noch viel Bedrückendes aus. Der Platz ist mit Gittern absperrt, an denen Zeittafeln über den Einsturz des WTC angebracht sind. Laut unserer Reiseleiterin ist noch immer unklar, was dort entstehen wird. Die Wirtschaft pocht auf neue Bürogebäude, logisch. Es gingen immerhin Büros für 30.000 Leute verloren und die Mieten sind seitdem enorm gestiegen. Andererseits ist es verständlich, dass die Angehörigen der Opfer auf einer Gedenkstätte beharren.

Außerdem unternahm und besichtigte ich:

- Eine coole Fährfahrt nach Staten Island, von wo man eine herrliche Sicht auf Fräulein Freiheitsstatue und die Skyline von Manhattan hat.

- Einen Besuch der 5th Avenue mit ihren exklusiven Geschäften (ohne meine Kreditkarte).

- Den Trump Tower, benannt nach seinem Erbauer Donald Trump, dessen Lobby aus feinstem Marmor ist und einen 60m hohen Wasserfall besitzt.

- Macy’s, dass größte Kaufhaus der Welt. Geht über einen ganzen Straßenblock.

- Das Woolworth Building, der erste Wolkenkratzer der Welt. Besonderheit: Die 15 Mio. Baukosten wurden bar bezahlt. (Na klar, Kreditkarten gab es damals noch nicht).

- China Town, Little Italy, Greenwich Village, Chrysler Building, Times Square etc.

Am liebsten hätte ich noch viel mehr Dinge unternommen, wie z.B. einen Besuch im Museum of Modern Art, oder ein Spiel der NY-Knicks anschauen, aber leider reichte die Zeit einfach nicht dafür.

Am Samstag, dem Vorabend des Marathons, fand das wahre Highlight statt: der Freundschaftslauf. Zu diesem Lauf sind sämtliche ausländischen Starter des NYC-Marathon eingeladen. Dank Oberbürgermeister Bloomberg, der Geld durch ausländische Teilnehmer in die Stadt bringen will, war jeder zweite Marathoni Ausländer. Nicht alle beteiligten sich am Freundschaftslauf, aber es war doch ein bunter Haufen aus über 50 Ländern. Da es üblich ist verkleidet zu laufen, nahmen allerlei komische Individuen teil. Man konnte auf den knapp 6km vom UN-Hauptquartier in den Central Park (dort ist auch Ziel des Marathons) Japaner in original Kimonos bewundern, Schotten in Röcken und Bayern in blau-weiß karierten Hosen und mit Lederhosen. Viel Orange war auch vorhanden, ein ganzer Pulk und so kam es sogar zu deutsch-niederländischen Anfreundungen. Käse hatten die Holländer aber keinen nebenher gerollt. Dieser Fun-Lauf fand in einem gemütlichen Tempo statt und so gab es genügend Möglichkeit stehen zu bleiben und ein paar Fotos zu schießen.

Der Marathon

Für alle die jetzt erst mit dem Lesen einsteigen: selber schuld. Das Drumherum ist wirklich so schön wie der eigentliche Marathon. Zum Marathon waren 36.000 Starter gemeldet, es sollten 2.000.000 Zuschauer dabei sein, es ging durch 5 Stadtteile und über 5 Brücken. Das alles bei warmen 20 Grad Celsius.

Am Sonntag fuhren wir früh von unserem Hotel (die haben es echt nicht geschafft für uns Marathonis ein Frühstück bereitzustellen) über die Verezzano-Bridge zum Start des Marathon. Mein erstes Ziel: Nahrung!!!!!!!!!!!!!!!! Nachdem ich es durch mehrere Sicherheitskontrollen geschafft hatte, begann ich meine Suche und wurde auch schnell fündig: Power Bar. Dies soll jetzt keine Schleichwerbung sein, aber nach 4 Riegeln (Erdnussgeschmack ist spitze) hatte ich eine Grundlage für den Marathon. Alles das habe ich dann mit grünem Gatorade runtergespült. „Grünes Gatorade“ werdet ihr noch öfter hören. Es gab vor dem Start auch Stände mit Baggels, Smoothies, Tee und Kaffee. Ein Muss war der Besuch der längsten Pinkelrinne der Welt („men only“). Das Gatorade musste ja auch wieder raus.

Der Start erfolgte dann durch einen Kanonenschuss um 10:10 Uhr, als noch angenehme Temperaturen herrschten. Nun zur Strecke: 26,2 Meilen sind umgerechnet 42,195 km. Logisch. Dummerweise zieht sich eine Meile gegen Ende wesentlich länger als ein Kilometer. Außerdem ist NY ein ewiges Auf und Ab. Wie kann jemand wie Paul Tergat bei diesem Streckenprofil in 2:09:30 h gewinnen?

Zu Beginn ging es vom Stadtteil Staten Island über die Verezzano-Bridge, zu deren Seiten Feuerwehrboote farbige Wasserfontänen spritzten, nach Brooklyn. Staten Island lag nun hinter mir und es kamen „nur“ noch 24 Meilen. Es folgten Queens, die Bronx und Manhattan. 5 Stadtteile, 5 Brücken. 5 mal die Brücke rauf , 5 mal runter. Ganz schöne Höhenmeter, sag ich Euch.

Die Stimmung auf den ersten Meilen? Na ja, das Problem an NY ist einfach, dass sich alles auf Manhattan konzentriert. Es waren die ersten 21 Meilen (1 Meile ist ca. 1,6 km) viele Zuschauer da und an jeder Straßenecke hatten Hobbybands ihre Anlagen voll aufgedreht, aber Partystimmung war keine. Das liegt an diesen ewig breiten Straßen. Es ist einfach eine andere Atmosphäre, wenn man z.B. beim Köln-Marathon läuft und die Zuschauer nur noch soviel Platz lassen, dass 2 Läufer gerade nebeneinander passen. Kann sein, dass ich hier ungerecht bin, da meine Laune wegen der hohen Temperatur im Keller war. Ich laufe lieber wenn es kühl ist. Bei einem Marathon brauche ich 12 Grad und keine 20 Grad. Hier knallte die Sonne auf die breiten Straßen herunter. Und das für jemanden, der aus dem schon kühlen Herbst Deutschlands kommt. So freute ich mich an jeder Getränkestation, dass in einer Meile wieder eine kommen würde. So konsequent wie heute hatte ich mich noch nie an die Verpflegungsstellen gehalten, aber bei diesem Wetter nahm ich jedes Getränk gerne an.

Interessant wurde es, als ich nach 16 Meilen (25,6km) endlich Manhattan erreichte. Die Zahl der Zuschauer nahm wieder rapide zu und die Wolkenkratzer links und rechts spendeten Schatten. Die Straßen wurden schmäler, da sie nur in eine Richtung gingen und dadurch kam die Stimmung besser rüber. Leider war ich nicht mehr so ganz in der Verfassung, das alles entsprechend zu würdigen. Ich war noch nie so lang bei einem Marathon unterwegs und war mittlerweile ziemlich platt. Die Meilen zogen sich immer länger hin und wenn man in diesem Tempo einen Kilometer in 5:30 min absolviert, so sind es für die Meile 9 Minuten. Das macht einen moralisch echt fertig, sage ich Euch, immer so lange auf das nächste Meilen-Schild zu warten!!!! Aber irgendwann hatte ich mich dann doch bis in den Central Park, die grüne Lunge New York`s, durchgekämpft. Statt Beton war auf einmal sattes Grün um mich und die letzten 3 Meilen schaffte ich dann irgendwie auch noch. Meine Zielzeit betrug 4:04 h - wirklich mein langsamster Marathon bisher und ich war trotzdem fix und fertig. Mein erster Gedanke im Ziel war: wie habe ich es damals geschafft 3:14 h zu laufen und wie will ich so jemals die 3:00 h knacken, wenn ich mich jetzt so kaputt fühle??? Na ja, da muss ich schon viel besser trainieren und es dürfen keine 20 Grad herrschen. Dann habe ich mich doch daran erinnert, dass dieser Lauf ja nur ein Fun-Marathon für mich war und ich darauf eben nicht sonderlich trainiert hatte. Aha. Mein Gewissen war etwas beruhigt.

Verpflegung und Gatorade

Jede Meile gab es Wasser, jede zweite grünes Gatorade. Mehr nicht. Keine Bananen oder Melonen. Manchmal halfen aber Zuschauer mit privater Unterstützung (z.B. Bananen).
Gatorade grün ist mein Lieblings-Gatorade. Okay, das war es zumindest bis zu diesem Tag, an dem ich mir (wegen der Hitze) an jeder Verpflegungsstelle 2 Becher davon reingekippt habe. Warum gab es nur grünes? Es gibt doch so viele Sorten davon. Und doch gab es jedes Mal nur das gleiche. Anfangs fand ich es lecker, dann zunehmend langweilig und bald war ich innerlich selber ganz grün. Vielleicht sah man das sogar von außen? Ich hab den anderen genau ins Gesicht geschaut, die hatten ja auch alle dieses grüne Gatorade intus, aber grün sahen sie nicht aus. Vielleicht noch nicht. Am Ende konnte ich grünes Gatorade nicht mehr sehen und muss mir jetzt eine neue Lieblingssorte suchen.

Fazit

Es war schon ein besonderes Erlebnis, bei diesen Marathon dabei gewesen zu sein, auch wenn ich mir von 2 Millionen Zuschauern mehr Stimmung erhofft hatte. Trotzdem ist der NY-Marathon und diese Stadt etwas ganz Besonderes. Ich würde jederzeit wieder an diesem Marathon teilnehmen und der Stadt einen Besuch abstatten.

Doch was soll ich nun als nächstes tun? Was nach New York? Wie kann ich dieses Ereignis toppen? Ich denke es geht nicht, man braucht es gar nicht versuchen. Vielleicht gönne ich mir nächstes Jahr einfach das Gegenteil davon und laufe einen Landschaftsmarathon. Schau mer mal.

Das schönste Erlebnis, neben der Überquerung der Ziellinie, war das Duschen im Hotel. Oh war das herrlich, den Schweiß und die Müdigkeit abzuwaschen. Geduscht war ich dann auch wieder in der Lage, mit anderen von meiner Gruppe steifbeinig durch NY zu eiern, der eine mehr steif, der andere weniger. Am Abend fand die bereits erwähnte Nachtrundfahrt statt. Das passte prima. Die Lichter der Stadt zu sehen durch die wir gelaufen waren.

Alles geht einmal zu Ende und so mussten wir am Montag wieder die Heimreise antreten.
Vom JFK-Airport machten wir uns diesmal mit Rückenwind auf den Weg gen Heimat. Im Flugzeug erhielt ich endlich wieder ein gutes deutsches Bier, nachdem ich der Stewardess versichert hatte, dass ich wirklich über 21 Jahre bin. Endlich wieder vernünftiges Bier und nicht diese Brühe. Als ich noch eins bestellte, aber zu sagen vergaß, dass ich doch gerne ein deutsches hätte, stand ein Budweiser vor mir. Oh nein, ich dachte das würde mir nie mehr passieren. Tat meiner guten Laune aber auch keinen Abbruch. Und so erreichten wir am Dienstag Vormittag wieder Frankfurt und nachmittags Ansbach. Ich kämpfte mich wieder trotz Schlafmangel bis abends durch und am nächsten Tag stand ich schon wieder in der Ansbacher Fachhochschule auf der Matte. Studentenleben, du hast mich wieder, doch die Erinnerungen an diese schönen Tage bleiben.

Good by New York,

Euer Holger



 
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