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04.07.2004 - Quelle Challenge in Roth Autor: JochenBrosig
E-Mail: Jochen.Brosig (at) yahoo.de |
Mythos Triathlon - Ich machte mit beim Staffelwettbewerb. Ihr Triathleten habt einen Sprung in der Schüssel! |
Hallo Triathleten! Dieses Jahr lief so ganz anders als 2003 und das ist gut so. Letztes Jahr war die 8-wöchige Verletzungspause so kurz vor meinem großen Ziel, dem Rennsteig-Supermarathon. Dieses Jahr bin ich mit sehr guter Form in die Saison gestartet und habe eine tolle Vorbereitung auf den Nürnberg Marathon hingelegt. Nürnberg als Frühjahrsmarathon und Dresden als Herbstmarathon standen schon fest als Astrid mich im November 2003 fragte, ob ich nicht Lust hätte in Roth zu starten. „Meine Leistung am Rennsteig in allen Ehren, aber diese Ausdauerleistung ist für mich eine Hausnummer zu groß!“, antwortete ich ihr spontan. Sie erzählte mir dann vom Staffelwettbewerb und machte mir den Mund wässrig. „Ich schwimme. Manuel fährt Rad und Du läufst, Jochen. So einfach ist das!“ Ich musste nicht lange überredet werden. Einen Triathlon würde ich nie machen, aber in die Atmosphäre von Roth eintauchen, ohne nass zu werden, wollte ich schon immer. Zehn Jahre ist es bestimmt schon her, als der IronMan komplett in 3SAT übertragen wurde. Solange habe ich weder vorher noch nachher vor dem Fernseher gesessen, außer beim LIVE-AID-Konzert in den 80zigern. An das Laufen dachte ich damals nicht im geringsten, von Marathon ganz zu schweigen. Beim Regensburg HM am 23.05.2004 wollte ich es wissen und den Effekt des Marathontrainings ausnutzen. Ich lief ein starkes Rennen, bin am Ende aber an mir selbst gescheitert. Die Schnürsenkel gingen auf! Demnächst werde ich mich für das Spezialseminar „Schuhe binden, leicht gemacht“ anmelden. Seminarleiter Walburga und Helmut. Donnerstag, 1. Juli, 13.00 Uhr: Noch geht es hier ziemlich gemächlich zu. Die Tribüne ist erst im Aufbau. Man merkt überall die Nervosität. Bei den Veranstaltern ebenso, wie bei den Startern. Schön, dass ich so bald dran bin! Ich komme sofort dran. Die Helfer sind noch frisch und nehmen sich ausführlich Zeit für meine Fragen. Freitag, 2. Juli: Ich übergebe Manuel die Startunterlagen und wir besprechen noch verschiedene Details zur Übergabe des Transponders etc. Samstag, 3. Juli, 22.00 Uhr: Die Spannung steigt! Manuel telefoniert noch mal mit mir. Ich bekomme die letzten Infos von der Wettkampfbesprechung. Wir tauschen unsere Handy-Nummern aus. Sonntag, 4. Juli, 9.00 Uhr: Ich wache vor dem Klingeln meines Weckers auf. Der war übrigens auf 10 Uhr gestellt. Wie ungewöhnlich an einem Marathontag. Aber heute ist alles anders. Wie immer vor dem Marathon meine Wechselduschen zum Wachwerden und leichtes Frühstück: püriertes Obst mit Haferflocken. Der Jahreszeit entsprechend stehen Erdbeeren auf dem Speiseplan. Alles andere war schon gerichtet. Noch mal in der Zeitung von gestern geblättert, um 11.00 Uhr halte ich es nicht mehr aus und fahre zu Helmut. Kurz vor 12 hatten wir ausgemacht. Auch die Fahrt geht natürlich sehr zügig. Sonntag, kaum Verkehr. Zum Staffelparkplatz durch Roth auch kein Problem. Wie wir noch merken sollten ist hier alles super organisiert. Astrid ruft mich an. Sie ist 56 min. geschwommen und Manuel hat für die 1. Runde 2:40 Std. gebraucht. 10 min. schneller als erwartet, d.h. Ankunft 14.20 Uhr. So mache ich mich auf den Weg in die Wechselzone. Ich versuche möglichst alle Rituale so wie immer zu machen. Aber es bleibt eben immer die Ungewissheit, kommt er etwas früher oder später. Die macht mich schon sehr nervös. Und den anderen geht es genauso. Inzwischen kommen immer mehr Radfahrer in die Wechselzone. Da kommt Manuel auch schon. Ich schütte mir noch ein Wasserflasche über Kopf, Brust, Rücken und die Oberschenkel und schon bekomme ich den Transponder in die Hand gedrückt. Umgeschnallt, Uhr gestartet, los geht´s! Wie immer klappen meine Vorsätze vom extrem langsamen Loslaufen auch diesmal nicht. Ich laufe von Anfang an mein Marathontempo. 4:10 min/km hatte ich angepeilt und wollte gucken was bei der Hitze hinten rauskommt. Ziel unter 3 Std. Etwa bei km2 kommt mir Chris Mc Cormack entgegen. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass er es wohl unter 8 Std. schaffen wird. Die Nummer 2 nehme ich auch noch wahr, Faris Al Sultan. Dann tauche ich in die Zuschauermassen ein und genieße den Lauf. Mein Tempo hatte ich sofort gefunden, muss mich aber bremsen, um nicht zu schnell zu werden. Im Gänsemarsch zieht sich die Karawane am Kanal entlang und ich bin ständig am Überholen. Ich laufe nicht allein, aber dennoch mein eigenes Rennen. Es läuft natürlich keiner mein Tempo. 1, 2 überholen mich, aber die sind mir zu schnell. Heute heißt es einfach genießen und Spaß haben. Run and have fun! Eine kreisende Handbewegung oder ein Klatschen genügen schon und die Zuschauer gehen mit. Die Kreuzung an der Lände war schon nicht schlecht, aber in Schwanstetten steppt der Bär. Einfach g… genial! Hier ist auch der erste Wendepunkt. Jetzt kommt dann das 15 km lange Endlosstück geradeaus am Kanal entlang. Aber es wird nie langweilig. Die Zuschauer -ein Wahnsinn. Ich fühle mich gut, die Temperatur spüre ich nicht. Alle 2 Kilometer kommt eine Verpflegungsstelle, wo ich einen kleinen Schluck trinke und mich ausgiebig nass mache. Der nächste Höhepunkt ist die Schleuse Eckersmühlen. Für mich brechen nach dem Halbmarathon schwere Zeiten an. Bei Kilometer 30 geht es erstaunlicherweise wieder besser. Erstaunlich deshalb, weil bei mir ab km32 bisher bei jedem Marathon die Kilometerzeiten immer schlechter wurden. Die Abstände der Gruppen werden immer größer. Ein Ansporn für mich dazwischen das Tempo anzuziehen und näher zu kommen. Immer mehr Läufer gehen. Es kommt mir vor wie eine Prozession der Lemminge. Deren Blick ausdruckslos in die Ferne gerichtet. Ab und zu bleibt einer stehen, beugt sich ins Gebüsch und …, ihr wisst schon. Ab km35 fange ich an rückwärts die Kilometer zu zählen. 7km - ich stelle mir vor ich mache mein lockeres Läufchen am Morgen und fühle mich frisch und prächtig. Die kalte Morgenluft streift über meine Haut, meine Beine sind leicht und wirbeln über den Boden. Jeden Kilometer sehe ich einen Punkt auf meiner Hausstrecke. Km38, ich fühle mich für eine Endphase sehr gut und halte immer wieder gegen den Wunsch einfach stehen zu bleiben. Denn es ist doch sehr heiß. Aber ich lasse es laufen. Mir hilft das in schweren Phasen sehr gut. Ihr habt sicher Eure eigenen guten Methoden und macht es in irgendeiner Weise ähnlich. Km40, da höre ich schon die Sprecherstimme aus dem Triathlonpark. Dort vorne stehen Astrid und Manuel. Ich winke. Die Zuschauer machen die Welle. Meine Staffelpartner haken sich ein und geben mir noch mal Schwung, den Rest machen die Zuschauer. Schließlich aber die Zielgasse, eine letzte Rechtskurve und endlich, die ersehnte Gerade Richtung Triathlonpark - jetzt bin ich auf dem „Highway der Gefühle“. Noch hundert Meter bis zur Jubelorgie, noch 160 Meter zum Ziel - ein Traum, der alles vergessen macht, was wir seit dem Start von Astrid am Europakanal durchlebt, durchlitten, nachgerechnet und verflucht haben, 226 Sch...-Kilometer lang. Aber jetzt kommt Roth, und jetzt sind wir gleich da, bei den besten Zuschauern der Welt. Jetzt kommt gleich der Augenblick der Augenblicke, das Einsaugen der Stimmung, die reichliche Belohnung für manche Entbehrung und oft endlose Trainingseinheiten. Alles vergessen, denn jetzt jubeln sie - nur für uns... Run and have fun! Liebe Iron-Männer und –Frauen, ich verneige mich vor Euch und Eurer Leistung. Aber einen Sprung in der Schüssel habt Ihr schon! Bei solchen Temperaturen diese Distanzen zu bewältigen... Und mit Sport hat das bei manchen Teilnehmern nichts mehr zu tun, wenn sie sich am Kanal entlang schleppen. Kurz vor dem Umfallen. Ihr habt aber die besten Zuschauer der Welt und wie man es sich nach einem Wettkampf gut gehen lässt, wisst Ihr auch. Eure Verpflegung ist genial. Organisation 1 Zuschauer 1 Verpflegung im Wettkampf 1 Verpflegung danach 1 Euer Jochen |