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23.05.2004 Regensburg Marathon Autor: ErwinBittel
E-Mail: erwin@teambittel.de |
Punktlandung - Schön kühl aber sehr windig war s - Begleitung kann so schön sein. Und aufregend. |
Hallo! Auf dem Weg nach Regensburg. Gute Musik im Auto, meine Gedanken erwachen erst langsam, wir treiben Richtung Regensburg auf der freien Autobahn. Nur keinen Stress am Morgen! Schon genug, dass man den Start um eine halbe Stunde auf 08.30 Uhr vorverlegt hat. Gähn! Oh, ich habe meine kurze Laufhose vergessen. Wo wohl mein Kopf ist? Egal. Na, dann eben mit Winterhose... Inneres Gefühl an Beine: Wisst Ihr schon was? Beine: „Nee, Du?“ - Drei Stunden zu laufen finde ich für heute ganz passend. Hoffentlich hält das Wetter durch und es wird nicht warm. Regnen darf es ruhig, denke ich. Regen in Regensburg. Habe ich seit Jahren hier nicht erlebt. Vielleicht dieses Jahr? Wir müssen weit weg vom Ziel parken. Gut, dann trabe ich eben eine Weile, Gundula die Inliner an neben mir, und wir holen die Startnummer ab. Geht flott, ist leer. Servus Uwe! Ein schneller Gruß an einen hier nicht erwarteten früheren Arbeitskollegen, der aber schon fit aussieht. Dann Team Bittel-Treffpunkt Siemens Zelt. Alles noch sehr leer. Ich glaube ich bin heute der einzige vom „Team Bittel“, der den M läuft. Die anderen 4 (Halbmarathonis) kommen erst in anderthalb Stunden dran. Also gut: Aufwärmen und Dehnen. Gundula guckt auch noch müde drein auf ihren flotten Rollen. In 4 Minuten schon ist ihr Inliner-HM-Start, den sie für viel später erwartet hatte. Hey, ab gehts und guten Roll! Räkeln. Ich laufe mich noch etwas im windigen Wetter ein. Naja, sagen wir ich tue so als ob, wackle zwischen den Zelten der Marathonmesse herum und suche schnell wieder Windschatten. Irgendwo recht weit vorne unter den 1.500 Marathonstartern stehe ich jetzt, 2 min noch, begrüße das eine und andere bekannte Gesicht, warte auf den Knall. Ich glaube da war keiner, denn das Rückwärtszählen des Sprechers in Verbindung mit dem Mitgröhlen der Leute ist laut. Aber wenigstens bin ich aufgewacht. Also los gehen wir. Kopf, aufgewacht: „Und welches Tempo wählen wir? Was meinst Du?“ Inneres Gefühl an Kopf: Drei Stunden zu laufen finde ich für heute ganz passend. Sagte ich doch schon. Wo warst Du denn vorhin? Ich treibe im Pulk und weil ich alleine laufe, können die Zuschauer meinen „Erwin“ unter der Startnummer gut ablesen. Ein 9-jähriger Junge, der auf Papas Fahrrad hintendrauf steht kriegt sich fast nicht mehr ein: „Erwin, Stefan, Thomas, Günter, Michael, Thomas, Klaus, Thomas, Thomas – hey, lauter Thomase!“ - So hat er fleißig zu tun und ich weiß, dass 3 Thomase um mich herum laufen. Km3. Ich laufe schon eine Weile mal hinter, mal vor, mal neben demselben rotschwarzen Trikot aus Coburg. Irgendwie haben wir wohl dasselbe Tempo, eh? Guter und gleichmäßiger Laufstil, denke ich mir. Und: eine Frau. Frauen laufen sehr gleichmäßig. Und genau in meinem Tempo? Hey! - „Anke“ antwortet sie. Und wir kennen ein paar Läufer gemeinsam aus Coburg. Na, vielleicht laufen wir zusammen? „Gut“, sagt sie. Und so fängt unsere Lauffreundschaft für den heutigen Tag an. Ein paar lauschige Musikanten stehen in Hauseingängen, an Straßenecken der Altstadt. Ich freue mich, und die Songs sind gut gewählt. Es geht aus der Stadt hinaus auf die lange Gerade. Km11, der Wendepunkt. Abbremsen, vorsichtig um die Ecke, wieder in den Rhythmus und weiter geht’s. Eh, woher kommt dieser Wind plötzlich? Na, der bläst aber ganz gut. Und genau von vorne. Allmählich gruppieren sich um uns ein paar weitere 2:59-Hättichgern-er. Ein Kilometer wie der andere. Immer im gleichen Rhythmus und Schritt. Das Wetter hält. Schön kühl. Halbzeit für uns. – Jetzt kommen die „Halben“ von hinten: der Start des HM war genau als wir vorbeiliefen, 10.00 Uhr. Gong. Trotz unseres hohen Tempos rauschen doch etliche Läufer an uns vorbei. Doch schnell wird es wieder ruhig von hinten. Bald laufen wir wieder für uns. Ich beobachte Anke still aber genau aus den Augenwinkeln, versuche mich in sie hinein zu fühlen. Sie läuft gut und ruhig. Ein ruhiger Fluss. „Wo ist denn der 2:59-Zugläufer?“ Ich sage zu ihr: ganz knapp hinter uns, vielleicht 50 Meter. Ich bin gerade zum Trinken stehen geblieben und an all denen um das Gelbhemd mit der 2:59 hinten drauf wieder vorbei gelaufen. Wir treiben wie eine Bugwelle zu fünft vor dem kleinen Pulk von vielleicht 15 Läufern und einer Läuferin. Km28, ich sage: zwei Drittel heben wir. Anke sorgt sich: „Na, jetzt wird es bald schwierig werden“. Was, denke ich mir? Und sage zu ihr: „Sagen wir mal: wir schauen, ob es vielleicht schwierig werden könnte“. Warum sich sorgen wenn’s dann vielleicht ja gar nicht kommt? Ob sie sich einhängen kann? Na in meinen Rhythmus, in meine Welle. Ich würde uns dann schon ruhig durchziehen. Ich spüre, sie versucht es, und ein wenig gelingt es auch. Obwohl wir uns nicht kennen. Erst 2 Stunden. Km33. Wieder an der Wende. Wieder bläst der Gegenwind. Doch er kann uns fast nicht bremsen. Anke schaut ihn böse an: „Mann, dieser Wind!“. Ich sage: „Mach Dich schlank und lass ihn vorbeiwehen“. - Er weht übrigens nicht wegen Dir, auch nicht gegen Dich und eigentlich ist es ihm egal, ob Du Dich an ihm störst. Ist wirklich so. Und schon immer so. Sage ich ihr später, als wir im Ziel sind. Ich muss zum dritten Mal ins Gebüsch, verabschiede mich höflich, denn das Wieder-Heran-Kommen nach dem Pieseln dauert immer. Acht Minuten. Km38. Wir sind still geworden. Gerhard mit blauen Shirt aus Wehringen läuft noch mit uns. Und Hans-Peter, der sich nicht abhalten lässt bei uns bis ins Ziel zu bleiben. Km39. Anke konzentriert sich und muss jetzt wirklich kämpfen. Ob sie durchhält? Wir laufen unser Tempo unverändert. Ich weiß, sie würde über auf eine 2:59 sehr freuen. Kurz vor dem Ziel gleitet Gundula ein paar hundert Meter neben uns auf ihren Rollschuhen. Sie feuert mich und uns an. Das tut gut, so ein ganz persönlicher Fan, der eine Weile mit uns bleibt. Und jetzt abbiegen in den laaangen Zielkanal. Für die 2:59 wird es sehr knapp. Man kann das Ziel noch nicht sehen. Doch, jetzt. Lauf, Anke, lauf! In Dreierreihen stehen die Zuschauer und feuern uns an. Wir versuchen noch einmal einen Schritt schneller. Woher auch immer, es kommt noch ein letzter kleiner Schub Reservekraft. Jetzt, wir sehen da vorne die Ziel-Zeitanzeige: 2:59:40 Oh, Mann, Anke, komm, gib alles! – Und sie rennt. Wow, mir läuft die Gänsehaut runter. Und ich komme gerade noch so mit. Ziel. Vorbei! Ruhe. Schweigen. Für einen sehr langen Moment passiert nichts. Einfach Stille in mir. Alles scheint eingefroren, sich in Zeitlupe zu bewegen. Dann umarmen wir uns. Hey, daaas war ein Erlebnis! – Gut, dass ich nicht alleine für mich gelaufen bin, sonst hätte ich dies nicht erleben können. Es war sehr schön, mit Dir zu laufen. Danke Anke! Unter dem Zieltor stehen wir. Klatschen um uns, Applaus, Videokameras hier und dort, Fotos. Und auf Biertischen liegen Berge von einzelnen Bananen. Ein nettes Mädchen hängt uns die schwere große Medaille um den Hals. Kurzes Verschnaufen und schon ein kleines Sofortinterview mit Anke, der neuen Bayerischen Meisterin. Eh, Meisterin? - Hey, gratuliere! Und Berge von Bananen. Ob es schwer war? Wie die genaue Zeit war? Was meine Bestzeit wäre? Eh, meine? Und warum ich nicht schneller gelaufen wäre? Und Berge von Bananen um uns. Aber nichts zu Trinken. Dazu gehen wir raus aus dem brav abgesperrten Zieleinlauf. Erwin vom „Team Bittel“ Gefühl an Kopf: „Weißt Du was?“ Kopf: „Nee, Du?“ „Jaaaa...- Lets go!“ Aaah, war die waaarme Dusche danach im Westbad wohltuend! |