Team Bittel
 

06.12.2003 Benefizlauf - Immer links der Elbe entlang...  

Autor:  MichaelSchulz   E-Mail: marathon.michael@gmx.de
Letzte Änderung: 12.12.2003 23:44:40

Jedes Jahr im Advent veranstaltet mein Freund Lutz Jaekel einen Weihnachtslauf für einen guten Zweck. Schon zum 4. Mal bin ich dabei. Es ist für mich eine Art läuferischer Jahresabschluss.
Hallo Weihnachtsläufer!


Ich treffe viele Freunde und Bekannte wieder, wir unterhalten uns über vergangene Erlebnisse, über neue Ideen und Pläne für die Zukunft. Ein kleiner Gedankenaustausch zum Jahresende, ein kurzes Innehalten.

Dieses Jahr ist auch zum ersten Mal Erwin dabei. Das freut mich sehr, denn auch ihn habe ich lange nicht gesehen. Und, wie jedes Jahr, Axel und seine Familie. Zusammen sind wir die ca. 4 Stunden von Coburg nach Dommitzsch (Nähe Torgau an der Elbe) mit dem Auto gefahren. Die obligatorischen Staus am Freitagabend haben unsere Vorfreude nicht getrübt.

Knapp 57 km liegen vor uns. Auf dem Elberadweg geht es durch den gesamten Landkreis Torgau. Die Strecke ist jedes Jahr gleich und ich kenne fast schon alle Namen der Orte, in denen wir Station machen auswendig. Das ist gar nicht so einfach, denn für fränkische Verhältnisse klingen die Namen ein bisschen eigenartig. Gleich nach dem Start überrascht uns das Wetter mit einem heftigen Schnee-Schauer. Der Wind bläst uns frontal ins Gesicht. Es ist alles flach hier, an den Elbauen. Fast keine Bäume, nur Wiesen und Felder. Axel und ich steigen während des kurzen, aber intensiven Sau-Wetters in das Begleitfahrzeug. Und Axel kommt mit Entsetzen zu dem Entschluss, dass wir wohl doch Schönwetterläufer sind ("Warmduscher" sozusagen). Ich versuche ihn zu beruhigen, schließlich ist das hier kein Wettkampf sondern ein gemeinschaftliches Erlebnis. Um nicht missverstanden zu werden, lassen wir das Begleitfahrzeug stoppen und steigen kurz vor der Verpflegungsstelle, wo die anderen auf uns warten, uns aber noch nicht sehen können, wieder aus. Wie gesagt, nur um Missverständnisse zu vermeiden...

Unser Weg führt immer links der Elbe entlang. Ziemlich wenig Wasser führt der große Strom dieses Jahr. Es scheint, als müßte er sich ausruhen, nach der zerstörerischen Jahrhundertflut 2001. Verlassene zerfallene Häuser und Gutshöfe an der Laufstrecke lassen den Glanz ihrer früheren Tage noch erahnen. Die ertragreichen Elbauen sind wohl zerplant worden, von Sozialismus und Planwirtschaft.

Es ist sehr windig heute! Der Wind bläst uns ständig entgegen, immer ins Gesicht. Wir versuchen im Windschatten der Läufer vor uns zu laufen. Wie beim Radrennen wechseln wir uns mit der Führungsarbeit ab und, obwohl ich jetzt schon 35 km in den Beinen habe und hier und da ein Ziehen und Zwicken verspüre, laufe ich gut. Ich fühle mich wie bei der Tour de France. Die innerlichen Glücksgefühle lassen mich meine Erschöpfung vergessen. Es ist fast wie im Rausch. Und was kommt jetzt? Der nächste Verpflegungspunkt liegt noch 2 km entfernt und das Tempo wird immer schneller. Hey, wieso? Aber keiner will abreißen lassen. Keiner sagt aber auch, dass es ihm zu schnell ist. Mein Freund Erwin ist nicht dabei. Der Lauf-Philosoph, sieht sich dieses komische Treiben von der Ferne aus an. An der Verpflegungsstelle fragt er, ob wir die Sprintwertung gewinnen wollten. Kopfschüttelnd hört er mir zu, wie es war. Ich erzähle ihm, dass ich hier, an diesem Zwischenstopp die Jahre zuvor immer ziemlich entkräftet, aufgegeben hatte. Heute fühle ich mich noch gut und konnte, obwohl es total sinnlos war, Tempo laufen. Es ist für mich ein persönlicher Sieg. Mein Ziel für heute habe jetzt erreicht. Ich bin sehr glücklich, denn ich merke, dass die langen und langsamen Läufe der letzten Woche Wirkung zeigen. Und das gibt mir, im Hinblick auf die nächsten Ziele, viel Energie.

Als sich der Tag schon langsam dem Ende zuneigt und die Sonne schon fast den Horizont berührt, erreichen wir gemeinsam den Zielort. Einige sind die gesamte Strecke gelaufen, viele aber auch später eingestiegen oder im Auto ein Stück mitgefahren. Davon lebt so ein Erlebnislauf. Gemeinsam etwas erreichen, den guten Zweck in den Mittelpunkt stellen, das ist der besondere Charakter einer solchen Veranstaltung. So sehe ich das.

Wir sind alle gut gelaunt. Erwin hat viele Fotos gemacht, Axel ist ein bisschen müde, aber glücklich und Axels liebe Familie vom vielen Helfen etwas durchgefroren. Stefan, der erst 20-jährige Freund von Axels Tochter Ina, ist heute auch mitgelaufen. 30 Kilometer hat er auf Anhieb geschafft. Eine super Leistung! Der Veranstalter Lutz ist auch sehr zufrieden. Es hat alles super geklappt.

Eine heiße Dusche danach weckt in uns wieder die Lebensgeister. Der starke Wind hat uns ausgezehrt und wir sind durchgefroren. Bevor wir wieder die Heimreise antreten, stärken wir uns noch in der urigen Küche von Lutz. Die Küche erinnert mehr an ein Museum, Lutz hat so viele kreative Ideen und setzt diese auch selbst um. Wir lassen den Tag noch mal Revue passieren und Lachen uns über die eine oder andere komische Situation fast kaputt. Noch mal schwelgen wir in Erinnerungen der Jahre seit wir uns kennen, erzählen von Südfrankreich und vom Bergwerkslauf. Ein wunderschöner Abschluss für ein schönes Erlebnis.

Auf der Heimfahrt haben wir keine Staus. Erwin schläft, Stefan und Ina auch. Das Autofahren entspannt mich, wie ein Raumschiff gleiten wir durch die dunkle Nacht. Meine Gedanken kreisen durch Raum und Zeit. Ich habe viel erlebt in den letzten Tagen. Und alles noch gar nicht so richtig verarbeitet, der Alltag lässt dazu keine Zeit. Ich merke, wie wichtig es ist, aus diesem Rhythmus ab und zu auszubrechen. Neue Reize zu setzen, mir Zeit für mich, Zeit fürs Leben zu nehmen. Der Erlebnislauf mit Freunden war wirklich ein Erlebnis für mich und seine besondere Aura wird mich noch für einige Zeit begleiten.

Tschüß,

Euer Michael

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