Team Bittel
 

Mein Weg zum Marathon  

Autor:  JochenBrosig   E-Mail: Jochen.Brosig (at) yahoo.de
Letzte Änderung: 29.06.2003 15:33:44

Die Stationen auf dem Weg dahin - chronologisch.

Von "Laufen ist öde", über ein Buch das mich sehr motivierte durch das erste Jahr.

Vom begeisterten Marathon-Zuschauer zum vorsichtigen Marathon-Starter.



1. Mein erster Schritt zum Marathon war ein Rückschritt. Laufen empfand ich als öde und ich bevorzugte Sportarten wie Skifahren und Squash.
Doch dann die Diagnose: Kreuzbandriss im Knie!!!
Skifahren und Squash oder sogar Sport ade?

2. Fitness-Studios waren für mich immer Treffpunkte von Muskelpaketen wie Schwarzenegger und Stallone. Am 28.01.97 ist mein erster Tag im Fitness Center Power Play. Nach der Operation und Reha soll die Muskulatur gekräftigt werden und die Bänder dadurch unterstützen. Mein erster Trainingsplan wird von Horst Spieß erstellt.

3. Bei einem Gewicht von 85 kg und 22 % Körperfett habe ich Angst in 1 – 2 Jahren über 90 kg zu wiegen. Durch eine Ernährungsumstellung verliere ich die ersten Pfunde.

4. Bestärkt durch den Erfolg kaufe ich mir das Buch „Forever Young“ von Dr. Ullrich Strunz. Ich achte noch besser auf die Ernährung und trainiere weiter im Studio. Mein Gewicht geht bis auf 78 kg herunter. 1. Fitnesstest am 29.10.99.

5. Das Buch hat noch eine weitere Wirkung. Am 7.02.2000 beginne ich mein tägliches Laufprogramm. „Nur zur Fitness und ohne Leistungsgedanken!“. Also stürze ich mich voller Tatendrang in das Abenteuer laufen, und muss nach 3 Wochen erst einmal für die nächsten zwei Wochen pausieren. Überbelastung!!

6. Im Juni ist für mich klar, das Trainingsziel kann nur ein Wettkampf sein. Ausgesucht habe ich mir den Finish-Line Halbmarathon. Meine Läufe werden länger, gehen über 10 km, über 16 km und schließlich über 21 km.

7. 3.09.2000: In einer Zeit von 1:42:54 erreiche ich das Ziel. Einen Monat später bestätige ich die Zeit beim Nürnberger Stadtlauf. Jetzt habe ich Blut geleckt und ich besorge mir Infos über die nächsten Wettkämpfe in unserer Region.

8. Kurz darauf steht auch mein erster 10 km Wettkampf an. Ein Straßenlauf in Röthenbach/Pegnitz. Zeit 45:14. Das Training im Fitness Center führe ich begleitend zum Lauftraining weiterhin durch. Die Trainingsratschläge und Programme von Horst sind mir dabei eine große Hilfe.

9. Eine Woche später bin ich als Zuschauer beim 1. Fränkische Schweiz Marathon dabei. Es ist ein tolles Erlebnis und ich entscheide mich „Nächstes Jahr läufst du hier mit!“.

10. Im November 2000 wiege ich 74,4 kg bei einem Körperfettwert von 15 %. Beim Life Fitness Cardio Test erreiche ich 300 Watt. Nächster Wettkampf ist der Nikolauslauf in Forchheim über 10,2 km. Meine Zeit ist hier 45:24.

11. Mein erstes Laufjahr ist vorbei. Ich habe 1751 km zurückgelegt. Die will ich im nächsten Jahr steigern.

12. Am 6.01.2001 ist der Dreikönigslauf in Kersbach über 12 km. Hier erreiche ich eine Zeit von 52:16.

13. Jetzt stellt sich mir die Frage, wie ich noch effektiver steigern kann. Das geht eigentlich nur in der Gruppe – also in einem Lauftreff oder Verein.

14. Nach dem Crosslauf in Eckental habe ich mich entschieden. Ich werde dem Langstreckenteam des FSV Großenseebach beitreten. Im Internet unter: www.langstreckenteam.de. In Eckental erreiche ich eine Zeit von 41:07 über 8500m.

15. Am 7.02.2001 genau ein Jahr nach meinem Start mit dem Laufen findet mein erstes Training statt. 18.30 Uhr es ist schon dunkel. Mit Taschenlampen und Leuchtwesten machen wir uns auf den Weg zum Intervalltraining (2x1000 m, 1x2000 m).

16. Beim Erlanger Winterwaldlauf steigere ich meine 10 km Zeit auf 41:50. Mittlerweile erreiche ich beim Life Fitness Cardio Test schon 350 Watt. Begleitend zum Laufen ziehe ich weiterhin, den von Horst ausgearbeiteten Trainingsplan, im Fitness Center durch.

17. Inzwischen haben sich durch das Lauftraining sämtliche Werte verbessert. Gewicht 74,4 kg durchschnittlich(vorher 77 kg). Körperfett 14 %(vorher 18 %). Ruhepuls 40(vorher 53). Bei einer Herzfrequenz von 130 laufe ich inzwischen 5:30 min/km. Vor einem Jahr lief ich bei einer Herzfrequenz von 130 durchschnittlich 6:00 min/km.

18. Inzwischen liegt mein km – Durchschnitt in der Woche bei 60 km. Beim Giechburg Berglauf erreiche ich über 4,3 km eine Zeit von 22:53. Es war mein erster Lauf für das Langstreckenteam.

19. Eine Woche später ist das Frühjahrsmeeting des FSV Großenseebach. Ich bin für den Halbmarathon gemeldet und erreiche eine neue Bestzeit 1:32:08. Unser Trainingsziel ist jetzt der Würzburg Marathon, wo ich ebenfalls Halbmarathon laufen werde.

20. Im April ist der Rothseelauf über 11,4 km. Meine Zeit 44:54. Mein Trainingspensum bleibt hoch. In der Woche vom 9.4 – 15.4 laufe ich trotz zweier Ruhetage 91 km.

21. Ein guter Trainingsreiz mit Abwechslung ist auch unser Staffellauf des Langstreckenteams von Wertheim nach Großenseebach. Ich laufe dabei verschiedene Teilstrecken, insgesamt 62 km.

22. Im Verein wird der Euro-Marathon in Frankfurt zum Zielwettkampf vorgeschlagen. Im Trainingsplan dazu wird der Fränkische Schweiz Marathon als Testwettkampf gelaufen. Nachdem sich mittlerweile auch mein zeitliches Ziel von anfangs unter 4:00 Std. über 3:30 Std. und jetzt in Richtung 3:00 Std. verschoben hat, werde ich auch in Frankfurt laufen. Die Strecke dort soll sehr eben sein.

23. Würzburg Marathon am 20. Mai 2001. Ich habe mir viel vorgenommen. Mein Ziel ist unter 1:30:00! Für meinen Marschplan habe ich mir für die 1. Hälfte 4:15 min/km und für die 2. Hälfte 4:10 min/km vorgenommen. Das wäre eine Zielzeit von 1:28:44. Alles läuft optimal und ich komme in 1:28:54 ins Ziel.
Noch 23 Wochen bis zum Euro-Marathon in Frankfurt!

24. Roth im Juni 2001. Beim Altstadtlauf gehe ich bei 37:59 durchs Ziel. Manfred Rattner unser Trainer schätzt die Strecke auf ca. 9800 m – 9900 m. Aber trotzdem eine super Leistung von mir.
Noch 20 Wochen.

25. Noch 100 Tage. Unser letzter Wettkampf vor dem Marathontraining ist der
Wallensteinlauf in Altdorf. Mehrere Steigungen lassen keine Bestzeit zu. Am Ende bleibt die Uhr bei 1:32:40 stehen.

26. Schnapszahl !! Vom 9.7 – 15.7 laufe insgesamt 111 km. Es sind jetzt noch 12 Wochen bis zum Marathon. Der Start des Trainingsplans. Bis jetzt 2500 km in der Saison 2000/2001.

26. Begleitend zum Lauftraining führe ich weiterhin 1x in der Woche mein Fitness Training im Studio durch.

27. Die Betonung liegt vor allem bei langen Läufen im aeroben Bereich. Dabei steigt der GA 2 Anteil von Woche zu Woche. Nach 8 Wochen ohne Wettkampf fiebert man schon auf einen Test zur Formüberprüfung.

28. Finish-Line Lauf in Nürnberg am 2.09.2001. Bei optimalen Bedingungen steigere ich meine Vorjahreszeit um 17 Minuten. Durch eine gleichmäßige Renneinteilung erreiche ich eine neue Bestzeit 1:25:06.

29. Ab jetzt geht es Schlag auf Schlag. 1 Woche später 10 km in Neuhaus. Eine schwierige Strecke und ich komme mit 40:05 ins Ziel.
Noch 7 Wochen.

30. Meine Form stimmt. Beim Life Fitness Cardio Test erreiche ich erstmals 370 Watt.
Ein paar Tage später zwickt es bei mir in der Wade. Eine Verletzung kann ich jetzt überhaupt nicht brauchen!
Auch hier ist Horst mit Rat und Tat zur Seite. Ich befolge seinen Ratschlag und lasse die intensiven Einheiten vorerst weg und beschränke mich auf lockere, langsame Läufe. Dazu viel Stretching

31. Wieder 1 Woche später in Ansbach beim Citylauf erreiche ich in 38:49 den 48. Platz von 485 Startern. Leider waren die Bedingungen nicht optimal. Sehr eckiger Kurs, teilweise mit Kopfsteinpflaster, dass auch noch rutschig war, weil es regnete. Es wäre mehr drin gewesen. Von dem Zwicken in der Wade spüre ich nichts mehr.

32. Sonntag 23.09.2001. Nebel und ungemütliche 2 Grad in Ammerndorf. Heute steht folgendes auf unserem Trainingsplan:
- Biberttal Halbmarathon
- anschließend auf 30 km locker auflaufen
Es läuft super. Die Bedingungen sind für mich optimal. Ich unterstreiche meine tolle Form und unterbiete meine bisherige Bestzeit um 2 Minuten. 1:23:36 !!!

33. Jetzt noch mal 2 Wochen GA1 und langsame, lange Läufe (6:00 min/km) und dann steht der Testmarathon in der Fränkischen Schweiz an. Im Fitness Center beschränke ich mich auf Stretching und lockeres Radfahren.

34. Mein erster Marathonwettkampf. Ich bin doch leicht nervös. Meine Familie wird an der Strecke stehen und mich anfeuern. Das Wetter ist o.k. Es könnte schlechter sein. Die Vorgabe für mich ist die ersten 12 km in 5:20 min/km zu laufen und dann bis ins Ziel ein Tempo von 4:20 min km. Dabei laufe ich am Anfang in der Masse mit und bin so ab km 12 ständig am überholen. Ich kann mich ziemlich genau an den Zeitplan halten und komme mit 3:16:27 ins Ziel. Die letzten 200 m und der Zieleinlauf sind unbeschreiblich, ein wunderbares Glücksgefühl. Runner`s High ? Noch 3 Wochen bis Frankfurt.

35. Es folgt eine Regenerationswoche. Der Muskelkater bleibt mir erspart, ich bin sehr gut durch gekommen. Ich fange an von einer Zeit unter 3Std. zu träumen. Noch 2 Wochen.

36. Im Prinzip sind wir mit dem Trainingsplan durch. Es folgen noch zwei längere GA1 Läufe und ein Intervalltraining, wobei die Intervalle im Marathontempo gelaufen werden. Am Samstag ist der letzte Vorbereitungswettkampf. Fackelstraßenlauf in Burghaslach über 8 km. Mein Ziel ist unter 30 min.. Es ist ein Rundkurs. Nach der ersten Runde muss ich meine Taktik ändern und etwas Tempo herausnehmen. Das Tempo würde ich bis zum Schluss nicht durchhalten. Im Ziel bin ich in 30:26. Auch nicht schlecht. Noch 1 Woche.

37. Die ganze Woche Vollkornnudeln und Kartoffeln im Wechsel. Lieber ein Teller mehr als zu wenig. 3 Ruhetage und ganz ruhige Läufe an den Tagen dazwischen. Mein letzter Trainingslauf ist am Freitag. Im Fitness Center setze ich mich nur aufs Rad und anschließend in die Sauna. Horst gibt mir das Ziel vor: unter die ersten 1000 kommen. Doch ich träume noch von unter 3 Std. Am Samstag noch ein Ruhetag. Ich denke ich bin gewappnet für Sonntag. Die Spannung steigt !! Noch 1 Tag.

38. Auf der Fahrt gibt Manfred mein Lauftrainer mir meinen Marschplan mit 4:20 min/km. Das ergibt eine Zielzeit von 3:03:00. Er begründet es damit, weil es mein erster Marathon ist. Ich will es noch nicht wahr haben und gehe in Gedanken verschiedene Strategien durch.

39. In Frankfurt angekommen, der Transfer zum Start und Umkleiden lief problemlos, war das größte Problem zu pinkeln. Eine Toilette in der Herrenumkleide, die bestand aus
einer Messehalle, die für alle Männer gedacht war. Die
Uhr tickt unablässig und die Schlange wird nicht kleiner. Noch 10 Minuten bis zum Start.

40. Alle Vorbereitungen sind getroffen. Ich stehe im Startblock 2. Wegen mir kann es los gehen. Es fängt an zu regnen. Inzwischen habe ich mich mit einer Zeit über 3 Std. abgefunden. Ich will auf keinen Fall zu schnell angehen. Der Mann mit dem Hammer wartet ! Es wird immer enger, auch die letzten finden sich ein, und es herrscht dichtes Gedränge. 10-9-8-7-6-5-4-3-2-1-Schuß. Es geht los !!!

41. Ich stehe ca. 200 – 300 m hinter der Startlinie und wir setzen uns langsam in Bewegung. Es regnet stärker. An der Seite steht jemand und verteilt Laufcaps. OK, dann laufe ich heute Werbung für die Post. Nach 3 Minuten überqueren wir die Startlinie und sind mittlerweile im leichten Laufschritt. Ich versuche mein Tempo zu finden, muss dabei aber viel hin und her pendeln. Es haben sich doch viele langsamere Läufer nach vorne verirrt. Mein HF- Messgerät funktioniert auch noch nicht richtig hier im Pulk. Aber nach 2 km habe ich mein Tempo und meinen Puls gefunden und laufe konstant um die 4:20 min/km.

Bei der Halbmarathon-Marke liege ich gut in der Zeit. Mit 1:31:19 bleibe ich knapp unter meiner Richtzeit. Es geht nicht mehr ganz so locker, aber alles ist in Ordnung. Meine Kilometerzeiten werden etwas langsamer. Meine Zeit bei km 30 ist mit 2:10:44 nur 44 Sekunden über meinem Marschplan.

Mental geht es mir nicht mehr gut und ich habe leichte Magenprobleme. In Forchheim hat es mit der Kohlehydratzufuhr per Gel gut geklappt. Mit dem Gedanken, bei einem schnelleren Lauf brauchst du mehr, habe ich die Dosis erhöht. Das war ein Fehler ! Nur noch ein Schluck Gel und ich muss mich übergeben. Ab sofort trinke ich nur Wasser. Durch einen scheinbaren Bedienfehler meiner Uhr denke ich immer, das ich noch eine Minute dazuzählen muss. Stimmt aber nicht !

Von nun an gehen meine Zeiten bergab. Bei km 33 stemme ich mich noch mal dagegen, aber danach geht es im 4:45 min/km Tempo weiter bis km 40. Ein Rechenfehler bei den Zwischenzeiten wirft mich kurzzeitig aus der Bahn. „Hoffentlich erreichst Du Deine Zeit von Forchheim !“, schießt es mir durch den Kopf. Gedanklich befinde ich mich jenseits der 3 Std. 10 min., aber es geht weiter. Doch bei der nächsten km-Marke bin ich wieder auf der Höhe und weiß ich bin schneller.

Ich versuche das Tempo bei km 40 noch zu steigern. Es gelingt mir ! Die Zuschauer stehen immer dichter. Das Ziel rückt näher. Am letzten Kilometer steht der Teufel der Tour de France und spornt jeden einzelnen noch einmal an. Mein Zeitziel 3:03:00 werde ich nicht erreichen, aber ich weiß jetzt ich schaffe es unter 3:10:00.

42. Noch einmal geht es um eine Kurve und da steht er, der Mann mit dem Hammer (Hammering Man), vor dem Messeeingang. Ich bin auf der Zielgeraden. Spurten geht nicht mehr, aber ich kann das schnellere Tempo ab km 40 bis zum Ziel durchziehen.

GESCHAFFT !!!

3:08:34 STD.

42.195 Völlig ausgelaugt auch mental. Doch ich habe es geschafft! Anfangs noch etwas enttäuscht über die Zeit, aber das gibt sich schnell.
Ich bin 870. von über 11000 und in meiner Altersklasse 232. von 1774.
Am Tag danach habe ich den schlimmsten Muskelkater meines Lebens. Aber egal.

Das war am 21. November 2001.


Ich laufe weiter!

Jochen



















 
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