Team Bittel
 

11.05.2003 Frauenlauf Nürnberg  

Autor:  PetraSchuster   E-Mail: mail@lauf-petra-lauf.de
Letzte Änderung: 15.06.2003 14:59:46

Die Langsamkeit - Manchmal geht eben nicht mehr
Anlauf zum 2. Finishline Frauenlauf! Ich will unbedingt dabei sein, weil ich doch letztes Jahr auch dabei war, sozusagen von Anfang an. Auch dieses Mal will ich "nur" die 5 km laufen, für die 10 km langt s wegen ewigem Trainingsrückstand wieder nicht. Aber ich komme schon besser aus dem Bett als letztes Jahr, obwohl heute das Wetter migränisch angehaucht ist. Ich ändere kurzerhand mein Motto von "wichtig ist anzukommen, egal wie" in "in jedem Fall loslaufen" - man wird ja bescheiden im Laufe seines Lebens. Das motiviert mich und schon nach dem 3. Weckerklingeln hüpfe ich aus dem Bett (pardon: krieche ich aus dem Bett - denn wie inzwischen wohl jeder weiß: Petra ohne Kaffee ist ungenießbar und zu nix zu gebrauchen).

Nach zwei Tassen schwarzem "Stoff" werden die üblichen Utensilien für alle denkbaren Notfälle gepackt und dann geht es um 8:20 Uhr auch schon los Richtung Bartholomäus-Schule, damit ich noch einen Parkplatz bekomme. Am Plärrer habe ich plötzlich Herzrhythmusstörungen - das kann nichts werden heute, ich sollte zurückfahren und wieder ins Bett gehen, schließlich ist Sonntag! Nein, getreu dem neuen Motto ignoriere ich alle körperlichen Beschwerden und fahre weiter.

Auf dem Parkplatz stelle ich mein Auto ab. Ich kenne mich schon aus, ich bin ja inzwischen ein alter Hase. Hin zu dem netten jungen Mann, der die T-Shirts verteilt. Der sucht mich in der Liste "Petra Schuster - Team Bittel" ja, hier stehts! Er hält mir ein Multifunktionsshirt vor die Nase und fragt "welche Größe?" Ich schlucke erst mal und erinnere mich an das schöne ODLO-Shirt vom letzten Jahr, das so schön gelb war, weicher Stoff und V-Ausschnitt. Das hier ist mintgrün - eine Farbe, die mich krank aussehen lässt - der Stoff ist aus festem Strechmaterial, der Ausschnitt furchtbar klein und hässlich rund - von Rono. Na gut, kann man nicht ändern und da ich Ende letzten Jahres 5 Kilo abgenommen habe bin ich mutig und sage überzeugend: "S!"

Im Auto ziehe ich mich um, egal ob mich jemand sieht, im Fernsehen habe ich gesehen, dass Tennisspielerinnen ganz offen auf dem Centercourt ihr T-Shirt wechseln und mein Sport-BH den ich drunter anhabe ist so groß und dick, dass er aussieht, als wolle er mich gänzlich einhüllen, da wage ich es einfach. Kurze Tight oder doch die lange? Ich habe alles dabei und entschließe mich für die lange, das orange an den Seiten passt zwar nicht zu dem grünen Shirt.... Noch die Kappe vom Team Bittel auf - zwecks Identifizierung - und es kann los gehen.

Auf dem Weg zum Start beobachte ich nervös meinen Pulsmesser: Jetzt schon 140 Schläge in der Minute und bin gerade mal 20 Meter ganz langsam gegangen! Das kann nicht gutgehen. Ich erinnere mich an mein neues Motto und bleibe stark. An den Werbeständen entdecke ich etwas Neues: MBT (Masai Barfuß Technologie) das sind angeblich Schuhe, die Barfußlaufen simulieren. Da steht: Dr. Thomas Wessinghage schreibt "der MBT führt von einem passiven, fehlbelastenden Haltungsmuster in ein gelenk- und rückenschonendes, aktives Gangbild". Interessant, und wenn das so ein berühmter Arzt sagt.... Müsste man mal ausprobieren, gibt es auch bei Finishline. Irgendwann gehe ich einfach mal hin.

Aber jetzt geht es auch schon los, es ist fast 9:00 Uhr. Alle grünen MF-Shirts stehen am Start und warten auf den Startschuss - ja auf den Startschuss, die Trillerpfeife schreckt uns dieses Jahr nicht, wir wissen noch wie es geht! Und los! Schon nach ein paar Metern steigt die Pulsfrequenz stark an. Na ja, immerhin bin ich losgelaufen, Mein neu gestecktes Ziel erreicht, jetzt kann ich jederzeit stehenbleiben. Aber ein paar Meter schaffe ich doch noch, oder? Außerdem höre ich hinter mir jemand mit dem ersten Streckenposten reden - ich drehe mich um - oh Schreck, ein Besenfahrrad, direkt hinter mir, da kann ich doch wohl jetzt noch nicht stehenbleiben!

Die Streckenführung ist die gleiche wie letztes Jahr, ich kenne mich bereits aus, vorbei am Erfahrungsfeld der Sinne - letztes Jahr sonnenumflutet, heute in Wolken gehüllt, düster, schwerer Atem und irgendwie nimmt es kein Ende. Ich sehe weiter vor mir eine Frau in grünem Shirt, die immer mal wieder Gehpausen einlegt - und ist doch schneller als ich! Es geht vor bis zur U-Bahn und fleißige Helfer weisen mir den Weg und wechseln ein paar Worte mit meinem Anhängsel hinter mir. Einer fragt sogar, ob er es schafft, anzukommen, bevor der 10-km-Lauf anfängt. Frechheit - soooo langsam bin ich nun auch wieder nicht.

Nach 2 km geht es wieder zurück zum Wöhrder See und vorbei am Paladin. Roland kommt mir wieder entgegen, fast an der gleichen Stelle wie letztes Jahr. Er zückt eine Digi-Kamera und versucht mich zu knipsen, meint dann aber "zu langsam" - nein, sagt er, nicht ich wäre zu langsam, sondern die Kamera. Beruhigt mich!

Und weiter geht es, obwohl ich am liebsten aufgeben würde, aber ich schäme mich vor dem bisher so geduldigen Besenradfahrer und so laufe ich weiter. Mein Puls hat sich eingependelt auf 175 - geht ja noch. Ich hole meine Trinkflasche raus und gehe ein paar Meter, sieht unverfänglicher aus, als wenn ich einfach nur so eine Gehpause einlegen würde, was soll der junge Mann hinter mir nur denken?

Jetzt kommt die Eisenbahnbrücke, da geht es wieder auf den Mount Everest. Warum stehen da so viele Posten? Man kann gar nicht abkürzen und nur die kleine Steigung nehmen. Na, ich frage mal, ob ich darf - wo ich doch die letzte bin. Nein, sagt man mir, es müsse schon alles seine Ordnung haben. Und jetzt schere ich mich nicht, was die Leute hier denken. Ich nehme die Steigung im Gehen, ganz langsam, trinke nochmal und finde es in Ordnung.

Irgendwie muss ich doch jetzt schon kurz vor dem Ziel sein, es kommen mir doch schon wieder so viele Läuferinnen entgegen, die sich für die 10 km warmlaufen. Einer sagt: "noch 200 Meter", das motiviert mich. Nach 200 Metern habe ich ein dejavu-Erlebnis, da sagt ein anderer: "noch 200 Meter", hatten wir doch schon, oder? Wie weit ist es denn noch? Noch ein paar Gehmeter, dann laufe ich wieder, im Ziel muss man doch trotzdem eine gute Figur machen.

"Da kommt das Rad, das muss die letzte sein". Ich strenge mich nochmal an, setze irgendwie ein Lächeln in mein Gesicht, spurte nochmal, dass mir das Herz im Brustkorb zerspringt und reiße die Arme hoch, dieses Mal nicht, weil man es so macht, sondern weil ich wirklich stolz auf mich bin, dass ich überhaupt angetreten bin, dass ich loslief und dass ich durchgehalten habe (dem Radfahrer sei dank!).

Kurz nach der Ziellinie drückt mir jemand eine Urkunde in die Hand (habe ich dieses Jahr bei Finishline angeregt) und darauf steht: "gelaufene Zeit 49:33". Cool, ich habe mein ursprünliches Ziel erreicht, ich wollte in jedem Fall, falls ich ankommen sollte, nicht langsamer sein als 50:00 Minuten. Ich laufe noch ein bißchen aus, da sich beim Anhalten alles dreht. Dann ziehe ich mich um und treffe Brigitte. Wir beschließen, nicht zu bleiben, sondern einen Kaffee trinken zu gehen, weil mir ja auch nicht so besonders gut ist. Außen vor dem Cafe fängt es plötzlich zu regnen an. Habe ich ein Glück, dass ich nicht 10 km gelaufen bin, da würde ich jetzt ganz schön nass werden.

Eine Woche später treffe ich Roland beim 14. Stundenlauf am Schmausenbuck und frage ihn, ob er mir vielleicht das versprochene Zieleinlauf-Bild vom letzten Jahr - das mit der roten Nase - doch bald mal schicken kann. Er findet s nicht mehr, aber gestern kam eine Mail mit einem Bild - von einer mit einem mintgrünen T-Shirt und einer Team-Bittel Kappe auf - und einem Fahrrad im Rücken. Zieleinlauf - Leute schaut genau hin: das bin ich!

Es grüßt

Petra.
 
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