Team Bittel
 

Bericht einer Zuschauerin vom 7. Nürnberger Stadtlauf am 3. Oktober 2002  

Autor:  PetraSchuster   E-Mail: mail@lauf-petra-lauf.de
Letzte Änderung: 03.10.2002 14:12:48

10km und Halbmarathon aus Sicht der Klatscherin
7. Nürnberger Stadtlauf am 3. Oktober 2002

Teil 1: der 10km-Lauf

Eigentlich wollte ich heute meinen ersten 10er laufen, beim Stadtlauf in Nürnberg am 3. Oktober 2002. Ich war auch schon ziemlich gut drauf, im August, dann haben mich irgendwelche Allergien niedergemäht, Atemnot beim Laufen, hoher Puls und auch sonst war das Allgemeinbefinden den ganzen September über zum Eingraben. Deshalb beschloss ich, den Stadtlauf als Zuschauerin mitzumachen.

Gestern Abend habe ich die Mitglieder vom Team Bittel getroffen, die mit erfahrenen Leuten Einsteigern helfen wollen, ihre ersten Läufe gut hinter sich zu bringen. Nette Gruppe! Der Erwin Bittel, der dem Team den Namen gegeben hat, ist schon einige Ultra-Marathons gelaufen, außerdem gibt es noch weitere Gründungsmitglieder: den Thomas, der wie ich Asthmatiker ist, den Joachim. Und außerdem noch viele weitere.

Das Treffen war zur Vorbereitung gedacht. Die Leute waren vorher gelaufen und haben sich dann noch zum Essen im Maredo getroffen. In einem Gespräch, das ich mit Erwin geführt habe, hat er mir gesagt, dass er es gut fände, dass ich mich entschlossen hätte nicht zu laufen - seltsam nur, dass ich immer wieder das Gefühl gehabt habe, er meine genau das Gegenteil.

Der Wecker läutet bereits das fünfte Mal und ich spiele mit dem Gedanken, liegen zu bleiben. Als Zuschauer ist man doch nicht wichtig. Es gibt so viele andere. Aber ich habe es versprochen, gestern. Ich sagte "ich kann gut klatschen" und verdammt nochmal, das kann ich wirklich.

Also gut, aufgestanden. Ich ziehe das Multifunktionsshirt an, das zum Laufen berechtigt. Ich hatte mich angemeldet, bevor ich wusste, dass ich nicht würde laufen können. Einen kurzen Moment überkommt mich die Lust doch zu starten, aber das kommt nicht in Frage, beim Berlin-Marathon ist letztes Wochenende ein ca. Vierzigjähriger einen Kilometer vor dem Ziel tot zusammengebrochen. Und ich bin seit über 4 Wochen nicht mehr in den Joggingschuhen gewesen. Trotzdem das MF-Shirt an, dann sieht es wenigstens so aus, als ob, die dicke Laufjacke von ALDI vom letzten Winterverkauf, meinen BUFF um den Hals, eine Handtasche mit Asthmaspray, Allergiespray und Allergietropfen, Notizblock und losmarschiert.

Am Treffpunkt 10:30 Uhr vor dem Opernhaus treffe ich Erwin und seine Leute. Sie kennen mich noch und freuen sich, mich zu sehen, das "Standbein", wie ich kurzerhand genannt werde. Die Neulinge werden für 10 Minuten zum Einlaufen geschickt und danach bekommen sie gezeigt, wie man richtig dehnt. Ich versuche mir die Bewegungen zu merken, für später.

Und dann geht der 10er ab, mit 10 Minuten Verspätung, also um 11:40 Uhr. Erwin führt die Gruppe, die in 60 Minuten und Joachim die Gruppe, die in 75 Minuten ins Ziel kommen will.

Was mache ich so lange? Das Gepäck der Läufer ist von Erwins Frau ins Auto verfrachtet worden, also kann ich mich frei bewegen. Ich könnte mal... Also suche ich die Toiletten. Es gibt zwei Wägen mit riesigen Schlangen davor, wie üblich bei den Mädels doppelt so lange wie bei den Jungs. Pech. Was jetzt?

Ich überquere die Laufstrecke und gehe durch die Straße der Menschenrechte ins Germanische Nationalmuseum. In 2 Minuten bin ich dort - und ein schlechtes Gewissen habe ich auch nicht, schließlich bin ich Mitglied und das schon seit 10 Jahren, da darf man doch wohl mal...

Und wenn ich schon hier bin, fällt mir ein, dass ich erst eine Tasse Kaffee hatte, ich als Mensch ja eigentlich noch gar nicht gebrauchstauglich bin - Hunger habe ich - und warm ist es hier auch, also setze ich mich ins Cafe und pausiere. Klatschen kann ich ja eh erst, wenn die ersten Läufer wieder ins Ziel kommen.

Nach einer Riesentasse "Stoff" und 3 Baggers mit Apfelmus mache ich mich auf und komme gerade rechtzeitig, um den Ersten von hinten ins Ziel laufen zu sehen. Ich stelle mich gleich hier an die Strecke und zwar da, wo ich nicht in der Masse untergehe und auch noch was sehe. So wie ich lebe, klatsche ich auch, nämlich alleine: mit großer Begeisterung und sehr gutem Erfolg!

5 Meter von mir entfernt steht einer mit der gleichen Team-Bittel-Mütze, ich lächle ihm grüßend zu. Es dauert ein bißchen, bis er die Gleichgesinnung erkennt, dann kommt er her und wir geraten ins Reden und stellen uns vor: Andi - angenehm; Petra - auch sehr. Beim Halbmarathon wird er mitlaufen und nett ist er, wir klatschen um die Wette.

Da - der Erwin mit seiner Truppe, ich tue das, weswegen ich hier bin - ich klatsche und rufe: "huhuhuhuhu, jaaaaaaa, toll, klasse super, huhuhuhu". Meine Hände sind schon ganz rot, ich versuche es mal mit der linken Hand - geht super, ich wusste es ja, klatschen kann ich gut. Da werden die Letzten des 10ers angekündigt, und was muss ich sehen? Drei Team-Bittel-Mützen. Einer ist der Thomas, der ist doch schon mit einer früheren Gruppe eingelaufen? Hinterher erzählt er mir, dass er die letzten noch abgeholt hat - nett von ihm!



Teil 2: der Halbmarathon


Beim Halbmarathon starten 3 Gruppen des Team Bittels, der Erwin, der Joachim und der Thomas führen je eine. Angepeilte Zeit: 1:50, 2:10 und 2:20. Ich gehe inzwischen Richtung Wöhrder Wiese weil dort ja zwei Runden absolviert werden und der Start sich wieder um 10 Minuten verzögert (wegen der Straßenbahn). Oben am Prinzregentenufer holen mich die ersten Läufer ein. Ich bleibe stehen und sehe in die Gesichter. Die ersten schauen nicht links und nicht rechts und haben einen ernsten, sehr konzentrierten Gesichtsausdruck. Fünf Minuten später kommen dann die bekannten blauen Team-Bittel-Cappies. Ab hier ist es schon entspannter, einige Läufer schauen sich die Zuschauer an, ein paar lächeln und freuen sich, dass ich als einzige noch klatsche, ein paar klatschen zurück, einige sagen "danke".

Ich gehe durch die Wöhrder Wiese zur Getränkeausgabe bei Kilometer 7, die bereits auf dem Rückweg der ersten Runde liegt. Da sind schon die ersten Läufer und hier habe ich wirklich sehr gute Gelegenheit zu Gesichtsstudien. Beim Getränkefassen und den oft schwierigen Versuchen, die Flüssigkeiten aufzunehmen, werden die meisten doch langsamer oder legen sogar Gehpausen ein. Einige spucken ziemlich unappetitlich auf die Straße und ich stelle fest, dass mein Standort gleich anschließend an die Getränkestelle doch ziemlich ungünstig liegt. Ein halbvoller Becher wird weggeworfen und trifft mich fast. Obwohl grüne Tonnen rumstehen, werfen viele die leeren Pappbecher doch lieber in die Wiese - sieht ja auch besser aus, blau auf grün - klasse!

Da kommen die Team-Kappen in Sicht. Ich laufe zur Höchstform auf: hey, hey, hey - sie winken. Gut sehen sie aus! Andi macht eine kurze Trinkpause und wechselt ein paar Worte über die Strecke mit mir, schon bin ich wieder alleine und beobachte und wechsle über zum Linksklatschen.

Ups, da kommen ein Elefant mit aufgestelltem Rüssel und ein Krokodil in trauter Zweisamkeit, richtig tolle Mützen sind das. Am Start habe ich auch schon eine Kuh gesehen - inklusive weißem T-Shirt und schwarzen Flecken drauf.

Nachdem die letzten mit dem Besenwagen im Schlepptau vorbei sind, überquere ich die Wöhrder Wiese. Da kommen die Läufer auch schon zur zweiten Runde aus der Altstadt zurück. Und was muss ich feststellen? Es sind immer die gleichen Läuferinnen und Läufer, die sich freuen, dass man für sie klatscht, langsam kommen mir nämlich die Gesichter auch bekannt vor. Der Thomas bleibt kurz stehen und sagt, dass ich jetzt so viel Weg hinter mich gebracht habe, da hätte ich eigentlich auch mitlaufen können.

Da wo die Strecke von der Insel Schütt kommt, bieten ein paar Bäume leidlich Schutz für ein paar Männer, die sich dort an Bäume stellen. Die Freuen haben sich vorher erkundigt und wissen, dass es direkt an der Rennstrecke ein Cafe mit öffentlicher und von außen schnell zugänglicher Toilette gibt und verschwinden wahrscheinlich dort.

Ich feuere an, bis wieder die Letzten durch sind und gehe Richtung Ziel. Ein kurzer Schwenk in O Sheas Toilette, ein kurzes "Hello Jonny" und dann stelle ich mich in die Vordere Sterngasse und motiviere ein letztes Mal. Die Gesichter sind teilweise ganz schön ausgemergelt, teilweise rot und natürlich verschwitzt. Die letzten sind sehr dankbar für die Unterstützung und klatschen mir zu - freut mich sehr!

Am Opernhaus sehe ich die letzten Dehnübungen der Team-Mitglieder und verabschiede mich von wirklich sehr netten Leuten. Hat wieder großen Spaß gemacht und nächstes Jahr soll ich bestimmt mitlaufen, wollen einige versprochen haben - also gut: versprochen. Ein Bild wird noch gemacht - dieses Mal ohne rote Nase - und dann mache ich mich auf den Weg nach Hause zu meinen Katzen, auf mein Sofa. Richtig und gut Klatschen strengt an, ich bin fix und alle - bis zum nächsten Jahr!

Eure Petra Schuster
 
[team/fuss.htm]